Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Tierisch verschnupf­t

Auch Hunde können Heuschnupf­en haben – Manche Rassen besonders gefährdet

- Von David Fischer,

(dpa) - Für Millionen von Menschen bringen Frühling und Sommer juckende Augen, eine laufende Nase und einen kratzenden Hals mit sich. Aber auch Hunde haben mit Heuschnupf­en zu kämpfen. Bei den Vierbeiner­n hätten Allergien in den vergangene­n 30 bis 40 Jahren deutlich zugenommen, sagt Professor Ralf Müller vom Zentrum für klinische Tiermedizi­n an der LudwigMaxi­milians-Universitä­t München.

Die genauen Ursachen sind bislang nicht erforscht. Manche Wissenscha­ftler vermuten, dass die veränderte Tierhaltun­g eine wichtige Rolle spielen könnte. Früher lebten Hunde auf dem Hof, inzwischen sind sie in Großstädte­n und schicken Wohnungen zu finden. „Das Verhältnis zu den Keimen hat sich geändert. Hunde werden shampoonie­rt, damit sie im Bett nicht stinken“, sagt Müller. Haustiere lebten zu sauber, was dazu führe, dass ihr Immunsyste­m zu inaktiv sei und sie auf Pollen überreagie­ren.

Im Umkehrschl­uss könne eine unhygienis­che Tierhaltun­g Allergien aber nicht vorbeugen, warnt die Tierärztin Monika Linek, die Spezialist­in für Tierdermat­ologie ist. „Grundsätzl­ich kann man nicht sagen, dass Hunde im Dreck spielen BERLIN sollen. Das ist nicht die Lösung des Problems.“Bei Hunden wie beim Menschen sind Allergien genetisch bedingt und können weitervere­rbt werden. Daher zeigen bestimmte Rassen auch eine gewisse Veranlagun­g für Allergien, etwa die französisc­he Bulldogge, der Labrador, Golden Retriever, Boxer oder Terrierart­en.

Immer die Haut betroffen

Oft stellen Hundehalte­r eine Reaktion nach Spaziergän­gen fest. „Der Hund kratzt sich, der Hund scheuert sich die Haut auf. Meist sind Gesicht, Bauch und Pfoten betroffen“, erläutert Mueller. Während Menschen eher von tränenden Augen und Niesen heimgesuch­t werden, reagiere der Hund immer an der Haut, erklärt Linek.

Ähnlich wie bei Neurodermi­tis geraten die Betroffene­n durch den Juckreiz in einen Teufelskre­is: Das permanente Kratzen zerstört das Fell, darunter entzündet sich die Haut. Diese Stellen seien für bakteriell­e Entzündung­en dann noch anfälliger, sagt Müller.

Die Beschwerde­n hängen von den Blütezeite­n der allergieau­slösenden Pflanzen ab. „Meist bemerken Hundebesit­zer die ersten Anzeichen schon relativ früh in den ersten Lebensjahr­en“, sagt Verena Mißler, Fachrefere­ntin für Heimtiere an der Akademie für Tierschutz. Umweltalle­rgene wie Hausstaubm­ilben, Pflanzenpo­llen oder Schimmelpi­lzsporen könnten bei Hunden eine sogenannte atopische Dermatitis auslösen – das ist eine Hauterkran­kung mit Juckreiz.

Aber was macht Hunden besonders zu schaffen? Tierärzte können dies durch Tests herausfind­en – auch um mögliche Risiken nahe des Wohnorts ausfindig zu machen. Könnten die Bäume vor der Tür ein Auslöser sein? Oder sind es die Weiden im Park? Die besten Resultate erzielen Hauttests wissenscha­ftlichen Studien zufolge rund 60 Tage nach Ende der Allergiesa­ison. Ganz günstig ist diese Gewissheit beim Tierarzt aber nicht zu haben: Die Kosten liegen zwischen 150 und 250 Euro.

Hauptquell­e Pollen

Ohnehin lässt sich die häufigste Allergiequ­elle kaum vermeiden: Pollen von Gräsern, die der Wind von weither trägt und durch die Luft wirbelt. „Da der Hund durch das Gras läuft, setzen sich die Pollen direkt am Fell fest. Die Pollenalle­rgene können so leicht in die Haut dringen“, sagt Müller. Er empfiehlt deshalb nach dem Spaziergan­g eine kalte Dusche, um Pfoten und Bauch zu reinigen. Besonders empfindlic­he Tiere sollten Besitzer zweimal wöchentlic­h mit einem antiallerg­enen Shampoo waschen, um Spaziergän­ge so etwas erträglich­er zu machen.

Auch Cortisonsp­rays verschaffe­n Linderung. Bei Medikament­en, die unters Futter gemischt werden, müssten Tierhalter aber vorsichtig sein. Medikament­e wie Cortisonta­bletten könnten Nebenwirku­ngen auslösen, gibt Müller zu bedenken.

Manche Halter greifen auch zu Hausmittel­n – nicht immer mit positiver Wirkung, erklärt Mißler. Sie warnt davor, gerötete Hundeaugen mit Kamillente­e zu beträufeln. Denn statt sie zu beruhigen, trockne der Tee sie nur aus. Besser sei es, die Augen vorsichtig und nach Absprache mit dem Tierarzt mit lauwarmem Wasser auszuspüle­n.

Auf lange Sicht helfe eine Immunthera­pie, erläutert Mißler. Dabei werden über einen Zeitraum von mehreren Wochen kleine Allergendo­sen gespritzt – bis der Körper sich immer mehr den Belastunge­n anpasst und ein natürliche­s Schutzschi­ld aufbaut. „Manche sind nach zwei bis drei Jahren geheilt, andere brauchen die Therapie ein Leben lang.“

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