Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Paul: Abnehmer oder Angeber?
ch bin ja eigentlich überwiegend für die Berichterstattung in Kressbronn zuständig. Mit Themen wie Bodan-Areal, Uferrenaturierung, Haushaltsplanungen oder Schulentwicklung kann ich mich nicht über zu langweilige Themen beschweren. Doch heute erreichte mich eine Mail mit einem Inhalt, der zwar nicht Kressbronn betrifft, aber den ich den SZ-Lesern nicht vorenthalten möchte:
„Die Abnehmindustrie ist geschockt: Psychologe entdeckt Automatismus im menschlichen Gehirn, der völlig aufwands- und verzichtsfrei nerviges Hüftgold schmelzen lässt wie Eis in der Sonne“stand dort zu lesen. Dieser schlaue Herr soll einen Teil im Gehirn entdeckt haben, der „für die automatische Fettverbrennung bei unseren Vorfahren gesorgt hat und wie man diesen wieder aktiviert. Sogar die widerspenstigsten Männer und Frauen, die damit getestet werden, nehmen zwischen 10 und 14 Kilogramm in einem Monat ab“, verspricht er in seiner Mail.
Paul aus Berlin ist 36 Jahre jung und hat es bereits ausprobiert: Sage und schreibe 24 Kilo in zwei Monaten hat er verloren, obwohl Paul mit Diäten eigentlich auf Kriegsfuß steht, gerne das ein oder andere Bierchen zu sich nimmt und wenig Lust auf Bewegung verspürt, wie er mich in besagter Mail wissen lässt. „Wenige Wochen später war ich 24 Kilo leichter, aufgefallen ist es mir nur, weil die Hosen nicht mehr passten... Meine Frau war begeistert. Wir haben jetzt auch wieder viel mehr Sex und ich fühle mich fantastisch“, so Pauls Worte. So detailliert hätte ich es ja gar nicht wissen müssen…
Doch nun will mich Paul an seinen Erfahrungen teilhaben lassen - ich solle lediglich das Video im Anhang anschauen, worauf er mich nach jedem zweiten Satz mit einem fettgedruckten Link hinweist. Aber ich habe mir das überlegt – und bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich doch nicht interessiert bin. Ich habe ausgerechnet, dass es mich bei dieser radikalen Diät spätestens an Weihnachten nicht mehr geben würde. An Weihnachten! Da macht das Essen doch am meisten Spaß.