Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Sorge um Ghettobildung der Flüchtlinge
DRK sucht neue Ehrenamtliche für die Mitarbeit in vier Gemeinschaftsunterkünften in Ravensburg und Baienfurt
- Die Burachhalle als größte Notunterkunft für Flüchtlinge im Kreis Ravensburg ist zwar seit Ende Mai geräumt, doch für das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und die vielen Helfer ist damit die Riesenaufgabe der Flüchtlingsbetreuung noch längst nicht beendet. Für vier Gemeinschaftsunterkünfte der sogenannten Anschlussunterbringung, in denen die zumeist aus Syrien stammenden Menschen jetzt ansässig geworden sind, ist der DRK-Kreisverband Ravensburg zuständig. Und dafür werden weitere Ehrenamtliche gesucht.
Der Betätigungsfelder gibt es viele: Sprachkurse und Alltagskontakte, Hausaufgabenbetreuung, Kindergruppen oder Patenschaften. Wer weiterhin mitmachen oder neu ins ehrenamtliche Engagement einsteigen will, kann sich in den Gemeinschaftsunterkünften oder bei den im Info-Anhang genannten E-MailAdressen melden. Ehrenamtskoordinatorin bleibt vorerst Ramona Lock, bewährte Ansprechpartnerin aus der Burachhalle. Sie ist unter der Mailadresse ramona.lock@rotkreuz-ravensburg.de erreichbar, Ansprechpartner für die Sprachförderung ist Christoph Sitta unter christoph.sitta@drk-ravensburg.de
Für Alfred Bosch, den Ravensburger DRK-Ortsvereinsvorsitzenden und rastlos tätigen Manager der Burachhalle, ist und bleibt es eine Herzensangelegenheit. „Wir dürfen die geflüchteten Menschen jetzt nicht alleinelassen“, appellierte er bei einer Info-Veranstaltung an die versammelten Helfer und Interessen- RAVENSBURG ten. Immerhin sind in der Großraumunterkunft in Baienfurt und an den drei Ravensburger Standorten in der Südstadt (Robert-Bosch-Straße 7), in der Nordstadt (Weidenstraße 26) und der zentral gelegenen Karlstraße 12/1 jeweils zwischen 70 bis 130 Personen untergebracht.
Hier gibt es für die Menschen, meist Familien aus Syrien und dem Irak, zwar wesentlich angenehmere Bedingungen als in der Massenunterkunft Burachhalle, aber sie leben weiterhin unter sehr beengten Verhältnissen. Mindestens drei bis vier Personen teilen sich kleine Zimmer mit Stockbetten; für durchschnitt- lich 25 Personen gibt es eine Gemeinschaftsküche und Sanitärräume. „Da dürfen keine Gettos enstehen“, lautet die von Bosch artikulierte Sorge der Hauptamtlichen. Für jede Unterkunft gibt es eine fachkundige Sozialarbeiterin und in geringerem Umfang auch Hausmeisterdienste. Ihren Alltag mit einkaufen, kochen und putzen können und müssen die Bewohner jetzt selbst organisieren, für die meisten ist dies eine enorme Verbesserung.
Erfreuliche Grundlagen
Nötig sind jedoch weiterhin möglichst viele Kontakte zwischen den Flüchtlingen und Einheimischen. Und dazu wurden in den sieben Monaten, in denen insgesamt 442 Flüchtlinge in der Burachhalle eine vorübergehende Bleibe fanden, erfreuliche Grundlagen geschaffen. In einer Rückschau, nicht frei von großen Emotionen, konstatierte Alfred Bosch: „Die Solidarität der Ravensburger Bevölkerung war groß. Bis zum letzten Tag waren in den sieben Monaten insgesamt 292 Freiwillige im Alter von 13 bis 79 Jahren ehrenamtlich in der Notunterkunft tätig.“
19 Kooperationspartner, darunter viele Schulen, seien mit im Boot gewesen. Sie ermöglichten Sportange- bote, Treffs für Flüchtlingsfrauen oder Basteln für Kinder. Beispielhaft ist das unter Federführung von Yasemin Büyükdag vom Türkischen Akademikerverein (Tavir) angestoßene Projekt „Mit Nadel und Faden“, in dem Frauen bei allerlei Handarbeiten zwanglos zusammenkommen und das derzeit in der Karlstraße weitergeführt wird.
Und dass in Ravensburg schon nach kurzer Zeit die Kinder aus der Burachhalle – immerhin 83 Kleinkinder und 93 Jugendliche – Kindergärten und Schulen besuchen konnten, gehört mit zu dieser erfreulichen Bilanz.