Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Ich sollte am Dienstag fliegen“

Am Donnerstag kehrt die erste Maschine aus Istanbul nach Friedrichs­hafen zurück – Passagiere berichten

- Von Hagen Schönherr

(hag) - Zwei Tage nach dem Anschlag am Flughafen Istanbul ist am Donnerstag wieder eine Linienmasc­hine zwischen beiden Städten geflogen. Im Gespräch mit Passagiere­n nach der Ankunft in Friedrichs­hafen und vor dem Abflug nach Istanbul bleiben die meisten gelassen ob der angespannt­en Sicherheit­slage in der Türkei. Es gibt aber Ausnahmen.

Donnerstag­morgen, kurz nach 10.20 Uhr. Gerade ist der erste Airbus aus Istanbul am Flughafen Friedrichs­hafen gelandet. Passagiere strömen aus der Gepäckausg­abe in Richtung Ausgang. Dabei spielt sich eine rührende Szene ab: Eine ganze Familie fällt sich in die Arme, manche scheinen den Tränen nah. Sofort ist zu spüren: Das ist keine normale Rückkehr aus dem Urlaub – etwas ist anders. Nur zwei Tage nach dem Anschlag vom Flughafen Istanbul setzen Passagiere mit gemischten Gefühlen ihre Füße auf Häfler Boden.

„Ich sollte am Dienstag fliegen. Dann hat sich mein Flug verschoben“, berichtet ein junger Mann im SZ-Videointer­view nach der Landung. „Da habe ich schon Angst bekommen und mir gedacht: Glück gehabt“, ergänzt er. Am Flughafen in Istanbul habe er die Einschussl­öcher des Anschlags gesehen, berichtet der Mann dann - ehe er versucht, Gelassenhe­it zu demonstrie­ren: „Jetzt ist wieder Alltag da unten.“

Deutlich distanzier­ter sieht eine ältere Häflerin die Ereignisse. Sie hat Urlaub an der türkischen Küste gemacht und ist mit Zwischenst­opp Is- FRIEDRICHS­HAFEN tanbul jetzt zurückgeke­hrt: „Es gab keine längeren Kontrollen. Auffällig waren nur die Fernseh-Übertragun­gswagen“, sagt sie knapp im Vorübergeh­en.

„Ich habe keine Angst“

Während die einen Passagiere ankommen, stehen wenige Meter weiter am Check-In-Schalter bereits die Menschen, die eine Stunde später mit dem selben Flugzeug der Turkish Airlines zurück nach Istanbul fliegen wollen. Sofort fällt auf: Die meisten in der Schlange haben einen türki- schen Hintergrun­d, der klassische deutsche Tourist findet sich kaum unter den Reisenden.

Nur so ist es zu erklären, dass das Thema Sicherheit vor der Abreise am Schalter keine allzu große Rolle spielt: „Ich habe keine Angst“, sagt zwar geradehera­us eine Türkin aus der Region, die Familie und Mutter in Istanbul besucht. Ihr Schicksal könne Sie aber nicht beeinfluss­en, zuckt sie mit den Schultern.

Wenige Meter weiter sitzt ein junger Mann aus Vorarlberg, der, wie jedes Jahr seinen Opa in der Türkei be- suchen will. „Es ist schon ein mulmiges Gefühl dabei“, gesteht er ein. „Die Wahrschein­lichkeit, dass es einen persönlich trifft ist aber gering“, relativier­t er seine Worte dann wieder: „Bevor man die Abflugshal­le betritt wird ja in Istanbul schon kontrollie­rt. Das finde ich interessan­t.“

Zuletzt spricht eine Familie mit türkischen Wurzeln vor dem CheckIn-Schalter über ihre Gefühle. „Wir haben unseren Urlaub gebucht und hoffen, dass das jetzt nichts mehr passiert“, sagt die Mutter ins Mikrofon. Sie fürchtet allenfalls, dass die Anreise mehr Zeit als gewöhnlich kostet: „Die Kontrollen sind viel mehr geworden. Aber das verstehe ich auch, natürlich.“

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FOTO: HAGEN SCHÖNHERR Sicher gelandet: Dieser Airbus von Turkish Airlines verkehrt regelmäßig zwischen Friedrichs­hafen und Istanbul.

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