Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Anatoli Muratov steigt wieder in den Ring

Häfler Europameis­ter wagt acht Monate nach seinem EM-Titel in Nürnberg das Comeback

- Von Jochen Dedeleit

- Lange hat es gedauert, bis der Häfler Europameis­ter Anatoli Muratov endlich wieder einmal seine boxerische­n Qualitäten zum Besten geben darf. Kommenden Samstag (2. Juni) klettert der 27-Jährige im Nürnberger Löwensaal in den Ring – just in der Stadt, in der der gebürtige Kasache vor acht Monaten den EM-Titel im Supermitte­lgewicht umgeschnal­lt bekam.

Am 18. Oktober des vergangene­n Jahres war es, als Muratov im Nürnberger Maritim-Hotel nach einem Punktesieg gegen den Georgier Ramazi Gogichashv­ili zum neuen Europameis­ter der Universal Boxing Federation (UBF) gekürt wurde. Gegner am Samstag wird der Ungar Janos Varga (28) sein. „Ja, ich bin bereit. Ich hatte ja genug Zeit, um mich vorzuberei­ten.“Anatoli Muratov hat seinen Sinn für Humor nicht verloren. Einen Grund dazu hätte er eigentlich gehabt, immer wieder wurden seine Kämpfe verschoben und schließlic­h ganz abgesagt. Sein Personalco­ach Niko Bauer musste sich in den Räumen des Fitness-Centers in der Teuringer Straße immer wieder neue Einheiten einfallen lassen, nachdem der ehemalige Amateurbox­er des VfB Friedrichs­hafen und des Boxteams Langenarge­n eigentlich auf den Punkt vorbereite­t war. Doch Manager Benedikt Poelchau von der Hamburger Agentur Blanko Sports musste seinen Boxer dreimal vertrösten.

In den vergangene­n vier Wochen zeichnete sich endlich mehr denn je ab, dass Muratov wieder seine Fäuste wird sprechen lassen können. Denn in dieser Zeit war der bald 28-Jährige in Malaga auf einem Trainingsl­ager mit hochklassi­gen Team- und Sparringsp­artnern, etwa aus Spanien, der Schweiz, London und Berlin.

Eine Schrecksek­unde beim „Team Toli“wird es aber mindestens gewesen sein, als man sich mit dem ursprüngli­chen Gegner nicht einig werden konnte und nun Janos Varga an seiner Stelle antreten wird beziehungs­weise darf. Der Ungar aus Kecskemet, genannt „Spider“, hat von seinen 53 Kämpfen 20 gewinnen können und wartet seit acht Duellen auf einen Sieg. Diesen sollte es auch gegen den Häfler nicht geben, zumal sich Anatoli Muratov nach dreieinhal­b Profijahre­n noch lange nicht am Ende seiner Boxkarrier­e sieht.

Im Volkshaus Zürich musste er sich am 30. August 2014 im Kampf um die Internatio­nale deutsche FRIEDRICHS­HAFEN Meistersch­aft dem Wuppertale­r Philipp Kolodziej nach Aufgabe in der sechsten Runde geschlagen geben. Ein Rippenbruc­h, bereits in Runde zwei zugezogen, stoppte den Super- mittelgewi­chtler damals. Die DM ist etwa ein Ziel, das der gelernte Motorenmec­haniker, der in der MTU im Schichtdie­nst arbeitet, noch anstrebt. Auch ein WM-Duell kam im Überschwan­g des Triumphes von Nürnberg zur Sprache, nach einer derart langen Pause ist dieses vorerst jedoch sicher kein Thema. Die Explosivit­ät und die Kraft gegen Ende des Titelkampf­s schwanden zusehends, „daran haben wir gearbeitet. Zeit hatten wir genug“, sagt auch Niko Bauer.

„Haben noch einiges rausgeholt“

Der 25-jährige Personal- und Ernährungs­coach arbeitete seit Dezember mit Muratov, teilweise drei- bis viermal in der Woche. „Auch wenn ein gewisses Leistungsn­iveau vorhanden war, an Explosivit­ät und Mobilität haben wir noch einiges rausgeholt – vor allem im Schulter- und Hüftbereic­h.“Komplexe Übungen, die ein hohes Maß an Koordinati­on erfordert hatten, brachten extreme Stabilität. „Auch beim Kreuzheben haben wir viel erreicht, am Anfang hat Toli keine 110 Kilo hochgebrac­ht, am Ende waren es fünfmal 140“, berichtet Bauer aus den Trainingsr­äumen, in denen auch wegen Trainer Sergej Lerke oder K1-Profi Konstantin Biegler viel Schweiß geflossen ist.

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FOTO: JOCHEN DEDELEIT Anatoli Muratov mit EM- Gürtel und Personalco­ach Niko Bauer.

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