Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Schritt zwei zum typischen Lisicki-Wimbledon
Die Berlinerin hat alle Verunsicherung hinter sich gelassen – Das 6:4, 6:2 über Samantha Stosur beeindruckt
(SID/sz) - Ihr Strahlen und ihr Aufschlag erinnern an die Wimbledon-Tage des Jahres 2013, als Sabine Lisicki im britischen Boulevard nur „Bum-Bum-Bine“oder „Doris Becker“hieß. Die monatelange Dauerkrise scheint an ihrem „magischen Ort“wie weggezaubert zu sein: Mit zwölf Assen schoss Lisicki die favorisierte Australierin Samantha Stosur vom Platz, das 6:4, 6:2 in nur 70 Minuten hinterließ gewaltigen Eindruck im All England Club.
„Das Match war sehr gut, ich war wirklich bereit“, sagte die 26-jährige Berlinerin und lachte gelöst: „Ich freue mich, dass ich wieder besser spiele, und möchte so lange wie möglich hier bleiben.“Erstmals seit vier Monaten gewann Lisicki zwei Matches in Folge und trifft in Runde drei auf Jaroslawa Schwedowa aus Kasachstan. Eine lösbare Aufgabe in ihrer derzeitigen Form. LONDON
Den Tiefpunkt überwunden
Bundestrainerin Barbara Rittner hatte bereits vor dem Turnierauftakt angekündigt, dass sie Sabine Lisicki trotz der Formkrise einiges zutraut. „Ich glaube, dass sie ihren Tiefpunkt überwunden hat, auch emotional“, sagte Rittner. „Wenn sie ein paar Matches gewinnt und damit Selbstvertrauen sammelt, dann kann es wieder ein typisches Lisicki-Wimbledon werden.“
Da hatte sich Rittner allerdings getäuscht: Bereits mit den ersten Schritten auf dem „Heiligen Rasen“legte Sabine Lisicki alle Verunsicherung ab. Die Verzweiflung nach allen sportlichen und privaten Rückschlägen in den vergangenen Monaten hatte sie offenbar bei den French Open zurückgelassen. Dort hatte sie auf ihr Erstrundenaus gegen die paraguayische Qualifikantin Verónica Cepede Royg noch mit heftigen Tränen reagiert.
Gegen die an Position 14 gesetzte Stosur nun gab Sabine Lisicki im ersten Satz ganze zwei Punkte bei eigenem Aufschlag ab. „Ich habe ihr relativ zügig das Selbstvertrauen genom- men“, sagte sie selbst über ihren Traumstart. Am Ende notierten die Statistiker zwölf Asse, bei 92 Prozent ihrer ersten Aufschläge holte die Berlinerin den Punkt. 31 direkten Gewinnschlägen standen lediglich neun unerzwungene Fehler gegenüber. Besonders bemerkenswert: die Returnquote von 72 Prozent auf die Aufschläge Samantha Stosurs. Das kann frau auch deutlich schlechter machen.
„Richtig hart geackert“
Die Grundlagen für die zurückgewonnene Aufschlagstärke hatte Sabine Lisicki mit ihrem neuen Coach Salvador Navarro in Spanien gelegt. Zwei Wochen lang habe sie „richtig hart geackert, nur trainiert, gegessen und geschlafen“, berichtete Lisicki: „Ich musste wieder ganz unten anfangen.“Ganz unten heißt für sie: auf Platz 81 der Weltrangliste. Einst war Lisicki mit dem Ziel angetreten, Steffi Grafs deutsches Erbe auf dem TennisThron anzutreten.
2013 hätte sie beinahe den Wimbledon-Thron bestiegen; damals hat sie auf ihrem Weg ins Finale auch Samantha Stosur geschlagen. Danach ging es jedoch schnell bergab, nur in Wimbledon blüht Sabine Lisicki Jahr für Jahr auf. „Wenn sie hier durch die Pforten geht, fühlt sie sich wie die Nummer 1 der Welt“, sagte Stosur.
Und spielt auch manchmal so.