Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Blaszczykowskis Pech entscheidet
Portugal gewinnt gegen Polen im Elfmeterschießen – 1:1 nach 120 Minuten – Sanches stark
(dpa/SID/sz) - ElfmeterHeld Rui Patricio und Bayern-Neuzugang Renato Sanches lassen Portugal weiter vom ersten großen Titel träumen. Die Mannschaft um den erneut blassen Cristiano Ronaldo gewann das EM-Viertelfinale gegen Polen am Donnerstagabend in Marseille mit 5:3 (1:1, 1:1, 1:1) im Elfmeterschießen. Patricio parierte nach 120 insgesamt enttäuschenden Minuten den Elfmeter von Jakub Blaszczykowski.
Das Team um Kapitän Cristiano Ronaldo spielt am Mittwoch somit bereits zum fünften Mal um den Einzug in ein EM-Finale. Für die Polen war das erste Turniertor von Robert Lewandowski zu wenig. Der BayernStürmer hatte sein Team mit dem zweitschnellsten Treffer der EM-Geschichte schon in der 2. Minute in Führung gebracht. Doch dann antwortete sein künftiger Teamkollege Sanches (33.).
Vier Spiele – null Tore. Diese mickrige EM-Bilanz löschte BayernStürmer Lewandowski nach nur 100 Sekunden aus und wurde damit zum zweitschnellsten Schützen der EM-Geschichte. Noch früher hatte nur der Russe Dmitri Kiritschenko vor zwölf Jahren getroffen. Beim 2:1Sieg gegen Griechenland brachte er MARSEILLE sein Team 2004 bereits nach 67 Sekunden in Führung.
Lewandowskis Treffer war ein dicker Patzer von Portugals Rechtsverteidiger Cédric Soares vorausgegangen. Kamil Grosicki hatte freie Bahn, seine flache Hereingabe verwandelte Lewandowski per Direktabnahme aus zehn Metern. Das erste Turniertor beflügelte den Bundesliga-Torschützenkönig, über dessen bisherige Flaute in Frankreich schon gerätselt worden war. In der 17. Minute versetzte der Münchener im Strafraum seinen Gegenspieler Pepe, scheiterte aber an Portugals Torwart Rui Patricio.
Portugal wirkte durch den frühen Rückstand geschockt. Erst nach 25 Minuten kamen die Südeuropäer besser in die Partie. Als Antreiber tat sich vor allem Bayerns MillionenEinkauf Sanches hervor. Der Mittelfeldspieler krönte sein überzeugendes Startelfdebüt bei dieser EM mit seinem ersten Länderspieltor, als er Polens Schlussmann Lukasz Fabianski mit einem – allerdings noch abgefälschten – Linksschuss von der Strafraumgrenze keine Chance ließ.
Mit 18 Jahren und 317 Tagen ist Sanches nun drittjüngster Torschütze der EM-Geschichte nach dem Schweizer Johan Vonlanthen und Englands Kapitän Wayne Rooney, außerdem der jüngste Spieler, der jemals in einem K.o.-Spiel bei EM-Turnieren getroffen hat.
Fünf Minuten zuvor hatte Cristiano Ronaldo erstmals sein Können aufblitzen lassen. Der Rekordmann, der sein 19. EM-Endrundenspiel bestritt, scheiterte an Fabianski. Kurz darauf wurde der Stürmer vom Champions-League-Sieger Real Madrid im Strafraum von Polens Abwehrmann Michal Pazdan umgestoßen, doch der deutsche Schiedsrichter Felix Brych gab den von Ronaldo geforderten Elfmeter nicht. Sonst pfiff der Münchner aufmerksam, tadellos.
Der dreimalige Weltfußballer Ronaldo agierte auch nach dem Wechsel glücklos. Dreimal tauchte er in der gefährlichen Zone auf – dreimal vergab er kläglich und haderte danach mit sich. Von Polen war in der Offensive ebenfalls nur noch wenig zu sehen. Lediglich Arkadiusz Milik (69.) prüfte Patricio ernsthaft.
Sonst gab es vor beiden Toren keine Aufreger mehr, die Begegnung verflachte. Auch in der Zusatzschicht; fast schien es, als setzten beide Mannschaften auf das Elfmeterschießen. Dort kam es zum persönlichen Drama des bei dieser EM bislang so stark aufspielenden Jakub Blaszczykowski.
Sein Kapitän Robert Lewandowski bilanzierte danach untröstlich: „Das tut sehr weh, wir waren das bessere Team. Es ist traurig, dass wir im Elfmeterschießen verloren haben. Sie hatten mehr Ballbesitz, wir hatten mehr Chancen. Das schmerzt, und es wird noch länger schmerzen.“
Renato Sanches aber sagte: „Wir sind überglücklich. Das haben wir gebraucht. Jetzt wartet eine große Herausforderung auf uns.“