Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Ein Kuckucksei im Barockkonzert
Tabea Debus glänzt bei „Cantata per Flauto“im Rittersaal im Tettnanger Schloss auf der Blockflöte
- Eine klangvolle Reise durch den Barock ist das Gastspiel der 26-jährigen Flötistin Tabea Debus mit ihrem Ensemble im gut besetzten Rittersaal geworden – mit einem ungewöhnlichen Ausreißer in die Gegenwart.
Der Titel „Cantata per Flauto“, zugleich der Titel ihrer CD von 2016, weist einerseits auf ihr Instrument hin, mit dem sie nach acht „Jugend musiziert“-Bundespreisen schon mehrfach erste Preise bei internationalen Wettbewerben gewonnen hat. Zugleich stellt er den Zusammenhang von Gesang und Instrumentalspiel her. „Singen mit Instrument“will sie und hat dazu gesangliche Werke ausgewählt, bis hin zu Opernarien und Kantaten, die sie selbst für Blockflöte und Basso Continuo arrangiert hat. Als Basso Continuo fungierten in Tettnang Alexander Rolton am Cello und Tom Foster am Cembalo, für Concerti kamen Henry Tong und Oliver Cave an der Violine und Jordan Bowron an der Viola hinzu. Die Begleiter verraten, dass Tabea Debus nach ihrem Bachelorstudium (2014 abgeschlossen) derzeit in England an der Royal Academy of Music im Masterstudiengang Blockflöte studiert.
Mit großer Natürlichkeit und ansteckender Freude am Spiel tirilierte und jubilierte Tabea Debus auf ihrer Blockflöte, genauer auf ihren Sopran- und Altflöten. Dabei war sie nicht herausgehobene Solistin, sondern Partnerin, mit der sich trefflich dialogieren ließ, dennoch stand natürlich die Flötistin im Mittelpunkt und kostete virtuos die Möglichkeiten ihres Instruments aus. So boten eingangs die Tänze in Telemanns Suite a-Moll für Blockflöte, Streicher und Basso Continuo immer neue Gelegenheit, mit Klangfarben zu variieren, wie ein Vogel zu flattern und sich frei in höchste Höhen emporzuschrauben. Zahllose Triller suggerierten Paare, die sich in höfischem Tanze drehten. Etwas verwirrend war, dass manche Werke sich nahtlos aneinanderreihten, dass etwa mit nie versiegendem Atem und sprühendem Temperament Purcells Stück nur ein Vorspiel zu Johann Adolf Hasses Cantata per Flauto in B-Dur war. Hatte man bei aller technischen Virtuosität etwas die Seele vermisst, kam sie besonders bei Händels Arien zum Ausdruck, die Debus zusammengeführt hatte – innig war hier die Trauer im Lamento, ehe ihr in der Liebesarie wieder übermütiges Jubilieren folgte. In großer Ernsthaftigkeit waren Bachs Sinfonias auf Flöte und Basso Continuo übertragen.
Mit Telemanns Cello-Sonate in DDur durfte Alexander Rolton mit überschäumendem Klangrausch glänzen. Gar nicht in ein puristisches Konzept eines Barockkonzerts passten Luciano Berios „Gesti“von 1966, ein zungenbrecherisches Stück, das die Fähigkeit zur Koordination von Finger, Zunge und Atem ebenso verlangt wie die Stimme – ein spielerisches Ertasten, was geht, eine ebenso humorvolle wie akrobatische, musikalische „Zähmung der Widerspenstigen“, die sich mitten zwischen die Barockkomponisten schmuggelte.