Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Die Weibchen schauen ganz genau hin
Salamander bezirzen Angebetete mit Kothäufchen – Elefanten nutzen Infraschall
(epd) - Tiermännchen haben viele Strategien entwickelt, um Weibchen anzulocken – sei es die Zurschaustellung von prächtigen Gefiedern oder Kämpfe mit Rivalen. Drei außergewöhnliche Flirt-Taktiken stellt der Biologe und BestsellerAutor Mario Ludwig aus Karlsruhe in seinem Buch „Gut gebrüllt! Die Sprache der Tiere“vor.
Die Männchen von 95 Prozent aller Tierarten haben das große Problem, dass das Weibchen allein entscheidet, ob es zur Paarung kommt, sagt Mario Ludwig. „Und die sind nun mal sehr wählerisch.“Aber aus gutem Grund, denn das Austragen oder Ausbrüten von Jungen samt Aufzucht ist ein energiereiches Unterfangen, für das nur der bestmögliche Partner in Betracht kommen kann. „Daher haben Tiermännchen im Laufe der Evolution eindrucksvolle Strategien entwickelt, um sich in Szene zu setzen“, erklärt der 59Jährige.
Ameisenesser unerwünscht
So sind zum Beispiel Kothäufchen bei den amerikanischen Rotrückensalamandern ein entscheidendes Kriterium bei der Partnerwahl. Männliche Salamander demonstrieren mit ihrem Kot, was für Jagdreviere sie ihr Eigen nennen. Im Frühjahr durchsuchen vorüberkommende Weibchen die Häufchen. Entdeckt das Weibchen darin die dünnen Panzerstücke von Termiten, bleibt er im Rennen. Findet die Salamander-Dame aber die harten Schalen von Ameisen, sieht er sie nur noch von hinten. „Termiten sind nahrhafter als Ameisen“, erklärt Ludwig, „dementsprechend sind Jagdreviere mit Termiten sehr begehrt und verlangen von dem Revierinhaber viel Durchsetzungsfähigkeit.“Eine in der Damenwelt begehrte Eigenschaft.
Viel weltgewandter ist hingegen das Werben der Australischen Laubenvögel: Die Männchen, die den hiesigen Amseln sehr ähnlich sehen, aber einen blauen Einschlag haben, bauen für die Weibchen Lauben, Alleen und Höfe. Verziert werden die aus Gras und Ästchen gebastelten Gebilde mit allem, was blau ist: aus blauen Blütenblättern, blauen Schmetterlingsflügeln, blauen Kronkorken oder blauen Plastiktüten. Wobei gilt: Je unscheinbarer das Männchen wirkt, desto prächtiger der Bau. Einige der Vögel zerquetschen mit ihrem Schnabel sogar blaue Beeren und tragen die Farbe mittels eines Holzstückchens auf den Ästen auf.
Anschließend posieren die Männchen auf dem Vorplatz ihrer Bauten, tanzen und singen. Die Weibchen nehmen nun den Künstler und sein Werk genau in Augenschein und wählen einen Partner. Aus noch unbekanntem Grund entscheiden sich junge Weibchen oft für einen guten Architekten, während gestandenere Vogel-Damen talentierte Sänger bevorzugen. Überhaupt habe die Wissenschaft laut Ludwig diese Flirtstrategie noch nicht abschließend geklärt. „Es gibt die Theorie, dass die blaugefiederten Vögel mit den blauen Häusern ihre eigene Erscheinung verstärken wollen“, sagt Ludwig. „Aber wir wissen es nicht genau.“Insgesamt halte er den Ansatz aber für raffinierter als den vieler anderer Tierarten: „Zahlreiche Männchen locken Weibchen durch ein farbenfrohes und leuchtendes Aussehen an.“Damit fallen sie aber auch oft Fressfeinden zum Opfer.
Ein Problem, dem sich gesunde Elefanten nie ausgesetzt sehen. Doch statt mit Farbe punkten sie mit einer übermenschlichen Fähigkeit: dem Infraschall. Dabei handelt es sich um sehr tiefe Töne, die der Elefant in seiner Kehle erzeugt. Andere Dickhäuter können den Schall mit Sinnesrezeptoren im Rüssel und in den Zehen der Vorderfüße wahrnehmen. „Wir wissen nicht warum“, sagt Ludwig, „aber wenn Elefanten miteinander anbändeln wollen, kommunizieren sie hauptsächlich über Infraschall.“Vielleicht sehen sie es als eine Art Geheimsprache.