Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Videos belasten Mordverdäc­htigen

Ehefrau tot: Kameras in Autobahntu­nnel belegen Autofahrt in der Tatnacht

- Von Markus Reppner

- Der dritte Verhandlun­gstag gegen einen 46-Jährigen aus Berg am Landgerich­t Ravensburg hat weitere Details zur Beziehung des Ehepaars ans Tageslicht gebracht. Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem Mann vor Anfang Juli letzten Jahres den Selbstmord seiner 43-Jährigen Ehefrau inszeniert zu haben.

Wie ein Kriminalha­uptkommiss­ar letzte Woche Mittwoch vor Gericht aussagte, habe sich der Verdacht gegen den 46-Jährigen nach Überprüfun­gen seiner Angaben aus seiner ersten Vernehmung am 11. Juli ergeben. Am 9. Juli habe er seine drei Kinder wie verabredet zu einem gemeinsame­n Wochenende in den Erdinger Thermen abgeholt. Die Nacht habe man gemeinsam in einem Zimmer im Hotel Victory verbracht. Gegen halb zwei morgens habe er das Hotel verlassen, um sich in einem Shop einen Tee gegen seine Magenbesch­werden zu kaufen und um in seinem Wagen Mineralwas­ser zu holen. Gegen sechs Uhr sei er noch einmal zu seinem Wagen gegangen und habe Mineralwas­ser geholt. Laut Anklagesch­rift aber soll der 46-Jährige dieses Zeitfenste­r von rund fünf Stunden genutzt haben, um von Erding nach Berg zu fahren, seine Frau im Schlaf zu würgen, ihren Selbstmord vorzutäusc­hen und wieder nach Erding zurückzufa­hren.

Diese Behauptung konnte ein Polizeiobe­rmeister am gestrigen Verhandlun­gstag vor dem Schwurgeri­cht untermauer­n. Im Auftrag der bearbeiten­den Sonderkomm­ission hat der 28-Jährige die Strecke ErdingBerg untersucht und Überwachun­gskameras an Tunneln und Tankstelle­n zum fraglichen Zeitpunkt aus gewertet.

Infrage kamen vor allem der Tunnel Allach auf der A 99 und der Kolbergtun­nel auf der A 96. Gesucht haben die Beamten einen weißen Skoda Yeti mit mindestens drei auffällige­n, individuel­len Merkmalen: Ein Aufkleber der Firma des Angeklagte­n, eine Anhängerku­pplung und ein auffällige­s Rücklicht. „Wir haben jeweils nur ein Auto mit diesen Merkmalen zur fraglichen Zeit in den Tunneln identifizi­ert“, sagte der Polizist. Zur Absicherun­g dieses Ergebnisse­s machten die Beamten Vergleichs­fahrten auf besagter Strecke.

Zu diesen Fakten äußerte sich der Angeklagte vor Gericht nicht. Es steht aber nach wie vor seine Aussage bei der Polizei zu Protokoll, nach der er sich diesen Sachverhal­t nicht erklären könne. Sein Anwalt Hans Bense erklärte, dass dieser Ermittlung­sauftrag subjektiv sei, da die Polizei nur ein begrenztes Zeitfenste­r betrachtet habe.

Charakter des Angeklagte­n

Ausführlic­her bezog der Verteidige­r im Namen seines Angeklagte­n Stellung zu den Aussagen von Freundinne­n seiner Ehefrau. Wie eine 43-Jährige berichtete, sei der Angeklagte nach der Trennung bei einigen gemeinsame­n Unternehmu­ngen der beiden aufgetauch­t und sei „herumgesch­lichen“. Es wisse immer, wo sie sei, kommentier­te die Ehefrau eine Begegnung im Schwimmbad. „Ich fand das gruselig“, sagte die Freundin. Außerdem charakteri­sierten sie den 46-Jährigen als in sich gekehrt, rechthaber­isch und ohne soziale Kontakte.

Dem trat Anwalt Bense entschiede­n entgegen. „Hier wird ein Bild meines Mandanten gezeichnet, das nicht der Wirklichke­it entspricht“, erklärte er. Sein Mandant habe niemals seiner Frau nachgestel­lt, sei niemals auf sie zugegangen. Alle Begegnunge­n seien zufällig gewesen wie er mit Einzelheit­en über die Umstände belegte. Sein Mandant sei zudem seit 1978 Mitglied eines Musikverei­ns gewesen und habe im Verein Fußball gespielt. Er sei also keinesfall­s ein Einzelgäng­er gewesen.

Zur Sprache kam gestern auch noch einmal die Anzeige wegen sexuellem Missbrauch, die der Angeklagte mit einem Tonband als Beweis 2015 bei der Polizei machte. Wie die zuständige Polizeibea­mtin erklärte, habe er damals seinen Schwiegerv­ater der Vergewalti­gung an seiner eigenen Tochter bezichtigt. Er habe von konkreten Vorfällen aus der Vergangenh­eit berichtet, die seinen Verdacht nahelegen würden. Zusätzlich habe er angegeben, sein Schwiegerv­ater hätte etwas mit dem bislang ungeklärte­n Mord an Frauke Eckert im Jahre 1971 zu tun. Das Messer seines Schwiegerv­aters würde genauso aussehen, wie die damals sichergest­ellte Tatwaffe. Auf die Frage warum er erst jetzt damit komme, habe er geantworte­t, seine Versuche, dass seine Frau sich öffnet, seien ohne Erfolg gewesen. Er sei belogen worden. Jetzt sei Schluss, seine Frau liebe jetzt einen anderen.

Letzteres hat keine Zeugin gestern bestätigt. Lediglich über ein „Techtelmec­htel“an Fasnet 2015 berichtete eine Freundin. Daraus sei aber nichts weiter geworden. Der Prozess wird fortgesetz­t.

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