Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Erbitterter Familienstreit nach sechs Jahren beigelegt
Neue Strukturen sollen in Zukunft Ärger bei Deutschlands größtem Fleischbetrieb vermeiden
(dpa) - „Das ist heute ein guter Tag. Wir haben gestern die Tinte trocken bekommen“, sagt Clemens Tönnies. Weit vor dem Spiel seiner Schalker am Donnerstagabend hatten die Familien Tönnies in Düsseldorf beim Notar besiegelt, was in monatelangen Verhandlungen zwischen den Streitparteien verhandelt wurde – außergerichtlich. Trotz des Ausscheidens im Viertelfinale der Europa-League wirkte der Schalker Aufsichtsratschef am Morgen danach entsprechend locker und gelöst.
In Zukunft führt eine FamilienHolding mit vier Managern an der Spitze das Unternehmen. Kontrolliert wird das Konstrukt von einem siebenköpfigen Beirat. In den wird Robert als Gesellschafter einziehen, ebenso sein Onkel Clemens.
Bei Pattsituationen in der Holding wird dieser Beirat eine Entscheidung bei strategischen Fragen herbeiführen. Robert lässt aktuell noch offen, ob er auch einen der Managerposten für sich persönlich in der Holding beansprucht. Entsprechend seinem Gesellschafteranteil von 50 Prozent darf er zwei von vier Posten besetzen.
Jahrelang hatten sich die Familienstämme um die Vorherrschaft in Deutschlands größtem Fleischbetrieb gestritten. Für 2016 hatte das Unternehmen mit weltweit 12 500 Angestellten einen Umsatz von 6,35 Milliarden Euro vermeldet. Der Streit vor dem Landgericht Bielefeld und dem Oberlandesgericht in Hamm drehte sich um Gesellschafteranteile und Stimmrechte, aber auch um die Rolle von Steuerberatern, Notaren und Testamentsvollstreckern. Dabei gingen die Vorwürfe und intimen Details im Gerichtssaal zum Teil lauthals unter die Gürtellinie.
Aber auch die Anwälte der Familienstämme lieferten sich hitzige Rededuelle. Bereits zum Auftakt im Hauptstreit um geschenkte Firmenanteile hatte der Vorsitzende Richter im November 2014 an beide Seiten vergeblich appelliert, sich außergerichtlich zu einigen.
Drei Jahre später ist bei Tönnies der Knoten jetzt durchschlagen. Die persönlichen Vertrauten Jens-Uwe Göke (für Robert) und Daniel Nottbrock (für Clemens) wollten nicht im Detail erklären, was den Durchbruch gebracht hat.
Klar ist nur: Ausnahmslos alle Rechtsstreits seien beendet worden und die Zur Mühlen Gruppe sei zur Zufriedenheit aller und vollständig in den Konzern überführt worden.
Robert hatte seinem Onkel immer wieder vorgeworfen, ihn übervorteilt zu haben und mit Privatgeschäften ein Schattenreich aufgebaut zu haben – wie der Zur Mühlen Gruppe, Anbieter von Böklunder und Gutfried. Mit seinem Sohn Maximilian als Geschäftsführer erwirtschaftete die Gruppe zuletzt mit 3000 Mitarbeitern 700 Millionen Umsatz.