Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Das halte ich nicht für den richtigen Weg“
Bürgermeister Daniel Enzensperger über die erhöhten Parkgebühren, seine Wiederwahl und die EBC-Karte
KRESSBRONN - Badeverbot im Seepark, verdoppelte Gebühren auf dem Strandbadparkplatz, kein Vorwärtskommen in der Schulentwicklung für Bürgermeister Daniel Enzensperger könnte der Sommer ruhiger ausfallen. Im Interview mit Britta Baier und Mark Hildebrandt verrät der Schultes, ob er die Reaktion auf das Badeverbot verstehen kann, was er gegen einen Verkehrskollaps in der Bodanstraße tun will und ob er mit einer zweiten Amtszeit liebäugelt.
Herr Enzensperger, sind Sie heute schon beim Baden gewesen?
Nein, bin ich nicht (lacht). Sie wollen gar nicht wissen, wann ich das letzte Mal im Bodensee gewesen bin...
Kritiker werfen Ihnen hin und wieder vor, dass Sie zu wenig in Kressbronn unterwegs sind und Ihnen dadurch die Bedeutung der Dinge gar nicht so bewusst ist: Baden im Seepark, die Mauer im Seegarten oder die Aula der Nonnenbachschule.
Da würde ich jetzt widersprechen, denn die Veranstaltungen in der Aula beispielsweise nutze ich sehr wohl – beispielsweise mit Ralph Kolars oder vor den Sommerferien die Verabschiedung von Konrektorin Jutta Benedicter und die Einführung von Susanne Hartrampf. Dass ich jetzt nicht so der Bademensch bin, das ist so, aber deswegen kann ich die Interessen der Badenden trotzdem verstehen.
Können Sie denn die öffentliche Reaktion zu dem Lager- und Badeverbot im Seepark nachvollziehen?
Ich kann es nur noch mal betonen: Ich bin Bürgermeister und ich muss alle Interessen berücksichtigen.
Es gibt eine berechtigte Interessengruppe, die einfach will, dass der Seepark die Qualität eines Parks und nicht die eines Liegeplatzes hat. Da haben mir jetzt viele, die sich öffentlich oder auch im Internet allerdings nicht zu Wort melden wollen, gesagt, das war richtig, dass man das so kommuniziert hat. Die Bußgeldandrohung war da allerdings etwas unglücklich. Ich würde außerdem behaupten, dass ganz viele missverstanden haben, dass es hier um das Liegen im Seepark und nicht um das Liegen am Landungssteg geht. Dabei hat die Gemeinde am Landungssteg ja in diesem Jahr zum ersten Mal offiziell verkündet, dass wir das Liegen dort dulden. Das bedeutet, niemand, der vor dem Landungssteg auf der Wiese liegt, hat von der Gemeinde etwas zu befürchten. Bis dato gab es nicht mal eine solche Duldungserklärung.
Nicht nur das Verbot im Seepark hat für manchen Unmut gesorgt, auch die Parkgebühren auf dem Strandbadparkplatz. Werden Sie überlegen, die Gebühren wieder zu senken?
Das halte ich nicht für den richtigen Weg. Die Umstellung der Parkuhren kostet Geld, das allein sind schon vierstellige Summen, die da fällig werden. Aus diesem Grund wäre eine schrittweise Erhöhung relativ teuer und nicht sinnvoll. Deshalb erhöhen wir lieber ein Mal richtig und haben jetzt vor – zumindest so lange es keine Investitionen gibt –, die Parkgebühren für die nächsten Jahre konstant zu belassen – wobei ich natürlich nichts zu der Anzahl der Jahre sagen kann. Grundsätzlich aber wollen wir am Strandbadparkplatz eine gescheite Parkanlage einrichten – und dabei nicht nur, wie ursprünglich geplant, den Platz sanieren, sondern auch die Anzahl der Plätze erweitern. Deswegen wird es hier nach der Sanierung sicherlich noch mal eine Erhöhung geben müssen. Hier kann ich nur noch mal betonen: Es ist erst der Nutzer und erst dann der allgemeine Steuerzahler heranzuziehen. Das ist ein allgemeiner Grundsatz im kommunalen Abgaberecht und daran haben wir uns zu halten. Denn warum soll derjenige, der nicht zum Baden geht oder mit dem Rad an den See fährt, im gleichen Maße die Kosten mitfinanzieren?
Können Sie sich an der Stelle auch ein Parkhaus vorstellen?
Ja – müssen wir uns sogar. Wir stellen hier jetzt ja einen Bebauungsplan auf, um klare rechtliche Vorgaben zu schaffen und wir wollen versuchen, dass die Parkplatznutzung an der bisherigen Stelle intensiviert wird, damit wir nicht weiter in den Grünbereich hinein müssen. Wir wollen den Naturraum rund um den Parkplatz weiter schützen – und die Menschen dazu bewegen, auf die noch etwas freieren Parkplätze innerorts auszuweichen. Dort sind die Parkgebühren teilweise niedriger oder kostenfrei. Dadurch würden das wilde Parken und der gesamte Verkehr am See reduziert. Das war auch eine Strategie, die wir mit der Gebührenerhöhung verfolgt haben.
Eng mit diesem Thema verknüpft ist die Uferrenaturierung, die – wie das Bodan-Areal – weitere Gäste an den See ziehen wird. Wie kann einem Verkehrskollaps in der Bodanstraße vorgebeugt werden, in der es jetzt schon zur Hochsaison eng zugeht?
Wir werden nächstes Jahr ein Verkehrsgutachten anfertigen lassen. Das haben wir schon in diesem Jahr beschlossen, dass das im kommenden Jahr in den Haushalt eingestellt werden soll. Wir hoffen, dass es uns die notwendigen Antworten auf diese Frage liefert. Grundsätzlich finden wir aber, dass es nicht nur schlecht ist, wenn das Verkehrsaufkommen am See hoch ist – zum einen wollen wir, dass die Gäste an den See kommen, zum anderen verlangsamt es den Verkehr, weil die Autos hinter den Radlern fahren müssen. Dadurch beruhigt sich der Verkehr insgesamt. Für den Autofahrer ist es allerdings extrem nervig – das gebe ich zu. Aber für alle anderen ist das nur von Vorteil. Beim Thema Verkehr gehen die Meinungen aber bekanntlich weit auseinander.
Ein weiteres heiß diskutiertes Thema ist die Echt-Bodensee-Card in Kressbronn gewesen. Sehen Sie es als kritisch an, dass Kressbronn als Tourismusgemeinde 2018 – anders, als ursprünglich geplant – nun doch nicht dabei ist?
Ich sehe es als nicht gut an – das ist richtig. Aber wir haben immer kommuniziert, dass wir die Karte nicht gegen die Mehrheit der Vermieter – sowohl gewerblich als auch privat – einführen wollen, weil unserer Auffassung nach die Vermieter hier eine ganz große Rolle spielen. Wir arbeiten aber trotzdem daran, alle davon zu überzeugen, dass es eine gute Sache ist. Wir wollen die Karte nicht mit dem Knüppel durchdrücken, sondern wir wollen informieren, erklären und überzeugen.
Und wenn bis 2019 nicht alle überzeugt sind, wird der Knüppel dann notfalls doch zum Einsatz kommen?
Aufzwingen würden wir es wahrscheinlich nur dann, wenn die Zahlen dafür sprechen würden, dass wir dadurch erhebliche Gästeeinbußen hätten. Aber wirklich nur dann, wenn die Nichteinführung uns einen großen finanziellen Schaden zufügen würde. Aber ich glaube, so weit kommt es gar nicht, weil die Vermieter das vorher dann schon spüren werden und selbst merken, dass wir die EBC brauchen, um mit den anderen Gemeinden wettbewerbsfähig zu bleiben.
Ein großes Thema ist im vergangenen Jahr die Schulentwicklung und die damit verbundene Zusammenlegung der Grundschulen gewesen. Nicht nur die zahlreichen Gespräche haben viel Zeit in Anspruch genommen, auch finanziell ist bereits einiges in dieses Projekt geflossen. Lässt sich absehen, wann in dieses Thema wieder Bewegung kommt?
Wir haben ja mal davon gesprochen, dass wir im Herbst das Thema wieder in Bewegung setzen wollen. Es ist ein unglaublich schwieriges Thema und wir sind immer noch auf der Suche nach der richtigen Strategie, wie wir das Thema weiter bearbeiten, weiter angehen, welche Dinge wir erneut zur Diskussion stellen wollen und welche nicht. Wir haben uns hierzu immer noch keine abschließende Strategie überlegt. Fakt ist, das Thema hat bisher Kosten verursacht – das ist richtig. Ich glaube aber auch, dass das eine Entscheidung für die nächsten Jahrzehnte ist, sodass hier die Gelder, um Diskussionsgrundlagen zu schaffen und sich richtig zu informieren, gut angelegt sind.
Allerdings wird die Entscheidung, je länger man sie aufschiebt, nicht einfacher ...
Manche Dinge müssen aber einfach reifen. Ein wichtiger Faktor in dieser Sache sind einfach Gespräche – Gespräche mit den Bürgern und hier Meinungsaufnahmen. Es sind nicht immer nur Bürgerversammlungen oder Veranstaltungen, sondern oftmals ungezwungene Gespräche, die zeigen, was die Bürger wollen. Wir haben jetzt fast ein Dreivierteljahr Pause eingelegt, in dem nichts passiert ist – auch nicht im Hintergrund. Deshalb soll im Herbst das Thema wieder im Gemeinderat diskutiert werden.
Ebenfalls ein viel und mit Sorge diskutiertes Thema ist die Schaffung von Wohnraum – was tut die Gemeinde, damit Kressbronner Familien sich das Leben hier weiterhin leisten können?
Wir befinden uns ja immer noch in der Fortschreibung des Flächennutzungsplans – im zehnten Jahr jetzt schon wohlgemerkt. Es ist aus meiner Sicht das erste Mal, dass man so lange für eine Fortschreibung des Flächennutzungsplans braucht, der eigentlich ja auf eine Zeit von 15 Jahren angelegt sein soll. Wir sind in einen ganz blöden Zeitraum reingerutscht, als damals die Landesregierung gewechselt hat und sich dadurch einige Vorgaben geändert haben. Die umwelt- und naturschutzrechtlichen Belange sind gut und wichtig, aber sie steigern auch den Aufwand und die Kosten enorm, die für die Erstellung des Flächennutzungsplans notwendig sind. Und dann werden wir mit der Frage konfrontiert, weshalb wir es nicht schaffen, schnell Wohnraum zu schaffen. Wir haben 2016 beschlossen, dass die Gemeinde Kressbronn die Flächen, die sie zur Wohnbebauung entwickeln kann, nur entwickelt, wenn sie in ihrem Eigentum stehen. Das bedeutet für die Flächen, die nach dem Flächennutzungsplan als Wohnbauflächen ausgewiesen sind, dass es nur eine Möglichkeit gibt, wie diese zu Bauland entwickelt werden können: Sie werden an die Gemeinde verkauft und wir entwickeln die Flächen zu Bauland. Wir arbeiten also nicht mit Bauträgern zusammen. Das hat zum Vorteil, dass die Vergabe der Bauplätze nach sozialen Gesichtspunkten erfolgen kann. Dabei ist unter anderem maßgebend: die Kinderzahl, wie lange derjenige schon in Kressbronn gewohnt hat und wie die Einkommensverhältnisse sind. Damit werden die Bauplätze denjenigen zur Verfügung gestellt, die sich auf dem privaten Bauplatzmarkt weniger oder gar nichts leisten können.
Kann sich das die Gemeinde denn leisten?
Wir müssen hier in erhebliche Vorleistung im Hinblick auf die Finanzierung gehen. Aber wir verkaufen die Bauplätze ja wieder. Ziel ist es, mit null rauszugehen. Wir wollen keinen Gewinn machen – aber auch keinen Verlust. Man darf also nicht davon ausgehen, dass wir die Grundstücksflächen für 300 Euro pro Quadratmeter einkaufen – aber auch nicht für 20 Euro. Der Eigentümer hat zwei Möglichkeiten: Entweder er hat ein landwirtschaftliches Grundstück mit fünf Euro oder er bekommt den Preis, den wir ihm für Bauerwartungsland zahlen. Solange da kein Bebauungsplan drauf liegt, hat derjenige schlichtweg kein Bauland – und das Grundstück ist keine 400 oder 500 Euro pro Quadratmeter wert. Der Preis für Bauerwartungsland liegt somit zwischen landwirtschaftlicher Fläche und Bauland – bei unserem Verfahren kommen dann noch die Entwicklungskosten dazu. Unser Baulandpreis liegt dann definitiv unter dem, der privat angeboten würde – allerdings muss man auch betonen: Das Preisniveau ist in Kressbronn einfach schon extrem hoch – höher als beispielsweise in Oberteuringen oder Sigmaringen. Unsere Aufgabe ist es, einen Preis anzubieten, der unterhalb des privaten Marktes liegt. Wir können Bauland auch nicht verschenken und vollständig aus allgemeinen Steuermitteln subventionieren.
Im Hinblick auf das Thema Wohnen steht das Bodan-Areal immer wieder in der Kritik ...
Es sind durchaus Kressbronner, die sich dort eine Wohnung gekauft haben – natürlich einige auch als Kapitalanlage. Aber auch, wenn dort Personen mit Zweitwohnungen unterkommen, ist das nicht schlecht für uns, weil diese ganz gehörig Zweitwohnungssteuer zahlen. Das ist eine nicht unerhebliche Einnahmequelle für Kressbronn, denn wir haben zusammen mit Konstanz eine der höchsten Zweitwohnsitzsteuern in Deutschland. Diese misst sich am fiktiven Mietwert der Wohnung – und das kann bei den Bodan-Wohnungen im Extremfall schon mal richtig hoch sein.
„In erster Linie ist es immer der Bürgermeister, der den Kopf hinhalten muss.“
„Unser Baulandpreis liegt dann definitiv unter dem, der privat angeboten würde.“
Seit mehr als zwei Jahren sind Sie inzwischen Bürgermeister – ist der Job so, wie Sie ihn sich vorgestellt haben?
Der Job hat seine schönen, aber auch seine schwierigen Seiten. Zu den schönen Seiten gehört natürlich, dass man unglaublich viel gestalten kann, mit unglaublich vielen Menschen in Kontakt kommt – zu den schwierigen, dass man es nicht jedem recht machen kann und das man natürlich auch immer für alles verantwortlich gemacht wird. In erster Linie ist es immer der Bürgermeister, der den Kopf hinhalten muss – auch, wenn die Dinge vom gesamten Gemeinderat entschieden worden sind. Leichter hatte ich mir die Zusammenarbeit mit Frau Knappert-Hiese vorgestellt – da hatte ich wirklich gedacht, dass man trotz der fachlichen und sachlichen Meinungsunterschiede ein persönlich gutes Miteinander hinbekommt. Aber das ist mir aufgrund der persönlichen Anfeindungen unmöglich – aber jedem anderem wohl auch.
Sie streben denn eine zweite Amtszeit an?
Da kennen Sie ja den Standardspruch eines jeden Politikers: Das gebe ich dann ein Jahr vor der Wahl bekannt. Aber es ist sehr wahrscheinlich (lacht).
Haben Sie auch Urlaubspläne?
Ich bin ab der kommenden Woche 14 Tage nicht im Dienst. Es gibt einige private Dinge, die ich erledigen muss – aber ich freue mich auf eine Zeit ohne Terminkalender. Einfach mal zur Ruhe kommen, ausschlafen - das mache ich schon ganz gerne. Obwohl ich grundsätzlich jemand bin, der nicht nichts tut. Ich bin eigentlich schon eher ein Arbeitsmensch, der immer etwas zu erledigen, sortieren oder ordnen hat. Das klingt jetzt fast schon ein bisschen pedantisch... (lacht)