Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Bleibt echt! Hört auf, jemand anderem nachzujagen“
Cro legt sein neues Album „tru.“vor – der Rapper wünscht sich mehr Echtheit
Carlo Waibel ist Cro, der Musiker, der sich hinter einer Pandamaske versteckt, um den Fokus ganz auf seine Musik zu legen. Nach über drei Jahren ohne neue Songs legt der Rapper am 8. September sein drittes Album „tru.“vor. Eva-Maria Peter hat im Interview mit Cro versucht, einen Blick hinter seine Maske zu wagen. Ein Gespräch über Ängste, Veränderungen und Träume.
Cro, lange Zeit hat die Musikwelt nichts mehr von dir gehört. Anfang September veröffentlichst du dein neues Album. Was macht die Zeit mit dir, wenn sie vergeht?
Immer wenn man am wenigsten von mir hört, mache ich am meisten. Wenn die ganze Welt über mich schreibt, chille ich irgendwo. Ich habe mir für das dritte Album viel Zeit gelassen, habe neue Instrumente gekauft und ganz viel experimentiert. Ich habe mir Videoideen und ein komplettes Konzept für die AlbumVeröffentlichung erarbeitet.
Bei deinem erstes Album war alles neu, beim zweiten war die Liebe im Fokus. Was hat dich dieses Mal beschäftigt?
Es geht um mich, um das was ich in den letzten Jahren erlebt habe. Es geht auch darum zu reflektieren, aber auch manche Dinge in der Gesellschaft zu kritisieren, die ich beobachte. Ich will den Leuten etwas mitgeben, nicht wie ein Lehrer mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit süßen Melodien den Menschen mitteilen: Werdet wieder analog, kommt runter und macht das Handy einfach mal aus. Bleibt echt! Hört auf, jemand anderem nachzujagen.
Mit dem Albumtitel „tru." möchtest du das untermauern …?
Ja, mein Album ist echt „tru“. Ich hab nichts „einfach so“gemacht, jede Snare, jede Kick ist genau dort wo sie sein soll und weil ich sie da haben wollte.
Inwiefern gewährt das neue Album einen Blick hinter deine Maske?
Die Art, was ich erzähle und wie ich es erzähle, das haben meine Fans noch nie so gehört. Und auch von den Videos werden viele überrascht sein. Manche denken „Cro“ist eine gemachte Figur, irgendein Major sitzt im Hintergrund und würde die Fäden ziehen. Dabei machen wir alles alleine, alles ist Indie. Wir selber haben die Ideen und ich reiß mir den Allerwertesten auf, sitze die ganze Nacht dran und schneide die Videos. Die Leute denken, da steckt eine Maschine hinter mir. Die Maschine, die bin ich.
Und wie sieht es in deiner privaten Welt hinter der Pandamaske aus?
Wunderschön und doch ganz normal. Wenn ich heimkomme, setze ich mich auf die Couch und dann gibt es bestenfalls Barbecue. Ich habe ein Haus in Stuttgart, da übernachten meine Freunde, mit denen ich an meinem Album arbeite. Die können alle was anderes. Einer macht Fotos, einer Videos, einer ist nur lustig.
In deinem neuen Musikvideo zu „Baum“bist du ohne Pandamaske und nur mit Hut zu sehen. Hast du langsam genug vom Panda?
Mir war sehr wichtig auch visuell meine Entwicklung darzustellen. Ich habe mich in den letzten Jahren natürlich verändert. Für die Leute sehe ich aber wegen der Maske immer gleich aus. Für eine Zeitung ist ein Pressebild aus 2012 genau so gut wie aus 2016. Das hat mich gestört.
Bei uns in Oberschwaben ist Fasnet (Fasching) ein großes Thema. Wie stehst du dazu?
Ich mag Fasching nicht. Ich verkleide mich ja jeden Tag, dann brauche ich nicht noch eine Jahreszeit dazu. Ich freue mich aber über jeden, der eine Cro-Pandamaske trägt. Früher war ich auch immer als was verkleidet, was ich richtig cool gefunden habe. Als Alex von Clockwork Orange zum Beispiel. Und ganz früher als Cowboy.
Und wie sieht es mit deinem schwäbischen Dialekt und deiner Verbundenheit zum Schwabenland aus?
Mit 16 Jahren hat sich mein Dialekt gelöst. Mein ganzes Umfeld hat hochdeutsch geredet. Aber natürlich kann ich noch schwäbeln und ich tu es eigentlich gerne. Wenn ich fünf Tage im Jahr mal zu Hause bin bei Mama, dann wird schwäbisch geschwätzt. Und sonst ist das Schwabenland die schönste Gegend in ganz Deutschland. Wenn ich eine Weile in Berlin und Hamburg rumhänge, merke ich das ganz enorm. Es ist immer wärmer im Süden, es gibt mehr Sonnenstrahlen, alles ist grüner und insgesamt ein bisschen toskanischer. Jeden Berliner, der Stuttgart hasst, den überzeuge ich vom Gegenteil.
Vermisst du Aalen manchmal?
Ich würde so gerne mal wieder länger nach Aalen kommen, im Moment schaffe ich das aber leider nicht.
Der Refrain zu „Unendlichkeit“klingt sehr elektronisch im Vergleich zu deinen letzten Songs. Inwiefern schlägst du eine neue Richtung ein?
Das liegt daran, dass ich mir die „Top Ten“Synthies der Welt gekauft habe aus den 70er- und 80er-Jahren. Die klingen wie ein elektronischer Leierkasten mit Synthesizer. Das darauf folgende Album wird hundertpro ein blauer Elektroblitz ins Universum. Das habe ich schon komplett in meinem Kopf.
Würdest du deine neuen Songs und Ideen noch immer in deiner Musikrichtung „Raop“, zwischen Rap und Pop einstufen?
Das hat sich schon leicht verändert, aber ich habe noch keinen neuen Namen dafür. Vielleicht eher Space Jam. Aber ich muss noch überlegen.
Dir wird nachgesagt, dass deine Texten genau die Gefühle, Sehnsüchte und Ängste ausdrücken, die eine ganze Generation beschäftigen. Was beschäftigt dich konkret?
Ich bin überall unterwegs und nirgendwo richtig zu Hause. Ich bin vogelfrei. Ich frage mich: Wo geht es hin, wo bleibe ich und wen liebe ich.
Was sind deine Sehnsüchte?
Ich strebe nach Glück. Ich habe bemerkt, dass es für mein eigenes Glück wichtig ist, dass alle um mich herum glücklich sind. Schlechte Stimmung auf der Tour kann ich nicht ertragen. Deshalb gestalten wir alles schön und weich. Im Tourbus fahren wir auch mal einen Umweg, nur um Trampolin springen zu können.
Und wovor hast du Angst?
Vor der Ruhe. Nicht vor der Ruhe mit anderen Menschen. Aber die Ruhe in Form von Stillstand und Einsamkeit. Wenn die Stille dich anschreit, das hasse ich.
Du rappst, designst, malst Bilder und hast auch schon geschauspielert. Gibt es etwas, das du gerne noch machen würdest?
Ich liebe Design, Ästhetik, Formen und schöne Architektur. Zum Beispiel finde ich Autos sehr ungemütlich. Ich würde gerne den Innenraum von einem Auto verbessern und neu kreieren. Und ich baue gerade ein Haus im Dschungel. Das macht mir richtig Spaß.
Und was wünschst du dir für die Welt?
Ich wünsche mir einen „Push for Peace“-Button. Einmal drücken und es herrscht Frieden. Jeder Mensch soll ein guter sein und die Welt eine friedliche. Wer genug gibt, bekommt auch genug zurück.