Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Lauter als der Tod erlaubt
Trostpflaster für Lemmy-Anhänger: Ein Coveralbum von Motörhead
RAVENSBURG - Lemmy fehlt. Aber wir müssen trotz seines Ablebens im Dezember 2015 nicht ohne die Musik des Motörhead-Frontmanns auskommen: Posthum ist jetzt „Under Cöver“auf den Markt gekommen. Elf Songs von anderen Musikern, durch den Rock’n’Roll-Fleischwolf des britischen Lärmtrios gedreht. Ein fantastischer Nachlass.
Motörhead haben sich immer dagegen gewehrt, unter dem Etikett Metal einsortiert zu werden. Und es ist ja auch so, weder mit jubilierendem Powermetal noch mit morbidem Grunzgeballer hatte die Truppe um Ian Fraser Kilmister alias Lemmy je etwas zu tun. Der Sound der britischen Band wurde immer geprägt von Lemmys schraddelig-verzerrter Bassgitarre und seiner unnachahmlichen Stimme. Die personellen Wechsel an Gitarre und Schlagzeug fielen da etwas weniger ins Gewicht, und nach Lemmys Tod war klar: Auch Motörhead sind tot. Ohne ihn konnte es gar nicht weitergehen.
Nun erscheint fast zwei Jahre nach Lemmys Tod ein neues Album, wobei neu nicht ganz zutrifft. Denn die Stücke sind zum einen Coverversionen und auch neu sind sie mehrheitlich nicht. „Heroes“von David Bowie allerdings schon. Das gibt es hier zum ersten Mal zu hören. Und es ist richtig gut geworden. Die Nummer an sich atmet ja auch schon den Geist des Rock’n’Roll-Mythos. Bowie starb im Januar 2016, kurz nach Lemmy. Nicht nur die Düsseldorfer Punkband Broilers stellte später die Frage: „Habt Ihr da oben irgendwas vor?“In den sozialen Medien fragten sich die Nutzer, ob Gott gerade eine Allstar-Band zusammenstellt. Aber es ist nicht nur der Nimbus der beiden großen Namen, sondern die Interpretation an sich, die gefällt. Im Booklet schreibt Drummer Mikkey Dee, dass Lemmy den Song ursprünglich gar nicht covern wollte, aber dass der Song dann zu einem seiner Lieblingsstücke wurde.
Auch die anderen Titel sind sehr gelungen. Das liegt auf der Hand, wenn die eine britische Legende der anderen Tribut zollt: „Breaking The Law“von Judas Priest ist einfach ein zeitloser Gassenhauer, der auch beim 3457. Hören nichts an Großartigkeit verloren hat. Überraschend die Interpretation des Stones-Klassikers „Sympathy For The Devil“: Wenn Lemmy mal nicht gegen Gitarrenwände anröhren muss, hat er eine richtig anheimelnde Stimme, wie man auch früher schon beim „Whorehouse Blues“bestaunen konnte. Das zweite Stones-Cover, „Jumpin’ Jack Flash“kommt eine ganze Spur derber rüber als im Original. Wuchtig pumpend pflügt „Shoot ’Em Down“durch die Boxen, im Original von Twisted Sister.
Im Booklet wird kurz und anekdotisch erklärt, warum auf dem Album neben den bereits erwähnten Songs unter anderem Stücke der Sex Pistols („God Save The Queen“) der Ramones („Rockaway Beach“) und von Metallica zu finden sind. Deren „Whiplash“brachte Motörhead übrigens den einzigen Grammy-Gewinn ihrer Karriere. Schade, dass man die Songs wohl nie mehr live hören wird.