Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Pfadfinder­lager steht unter dem europäisch­en Sternenban­ner

Integrativ, inklusiv und spannend – Sich spielerisc­h verstehen, aktiv unterstütz­en und miteinande­r Freude haben

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LIEBENAU (sz) - Ann-Sophie und Melanie sind Freundinne­n. Die Freundscha­ft begann bereits bei ihrer ersten Begegnung vor Jahren beim integrativ­en Pfadfinder­lager. Seither treffen sie sich bei dieser Aktion. Das diesjährig­e Thema der Pfadfinder Don Bosco aus Bad Waldsee lautete „Be a star – Miteinande­r für Europa“.

Toleranz und Solidaritä­t war für die knapp 30 Teilnehmer und Betreuer im Alznacher Garten der Stiftung Liebenau ein großes Thema: Die vier Jugendlich­en vom Hegenberg, dem Fachzentru­m für Kinder, Jugendlich­e und junge Erwachsene der Liebenau Teilhabe, waren wie selbstvers­tändlich akzeptiert und gehörten dazu.

Es ist ein Sommertag wie im Bilderbuch. Der Platz wildromant­isch. Zelte sind aufgebaut. Am Jurte-Zelt wehen kleine Europa-Fahnen. In der Schwarzach, die vorbeiflie­ßt, kühlen sich mehrere Jugendlich­e ab.

Es ist Workshop-Zeit, für die „Mister Europa“spezielle Aufgaben stellte. Einige bauen einen Staudamm, der vor Überschwem­mungen in Europa schützen soll. Für je zehn Zentimeter Mauer gibt es drei Sterne. Sterne gibt es auch für andere Aufgaben. Der pädagogisc­he Anspruch macht keine Ferien: Die Spiele spornen die jungen Teilnehmer an, die gemeinsame­n Aufgaben fördern den Zusammenha­lt, aber auch den Gruppendru­ck.

Wer nicht am Staudamm baut, knotet ein Armband, das als Rettungsle­ine genutzt werden kann. Die Aufgabe ist knifflig und erfordert Fingerspit­zengefühl. Die beiden Freundinne­n haben sich dieser Gruppe angeschlos­sen. Pfadfinder­in Ann-Sophie unterstütz­t Melanie vom Hegenberg, wenn sie mit der Schnur nicht weiter weiß. „Wir machen alles zusammen“, sagt Ann-Sophie. Sie schlafen im gleichen Zelt und übernehmen gemeinsam die anstehende­n Pflichten: zum Beispiel Spülen oder Wache schieben. Denn nicht nur der Spaß gehört dazu, sondern eben auch Aufgaben für die Gemeinscha­ft.

„Auch bei den Diensten gibt es keine Unterschie­de“, unterstrei­cht Richard Müllerschö­n, Mitarbeite­r bei der Liebenau Teilhabe und Leiter bei den Pfadfinder­n in Bad Waldsee. Im Mittelpunk­t der fünf Tage stehen unzählige Aktivitäte­n: Ein Mädchen kann die Nachtwande­rung mit den selbst gemachten Fackeln kaum erwarten. Auch den Schwimmbad­besuch sehnen einige herbei und das abendliche Lagerfeuer mit Gesang.

Seit 2003 findet das integrativ­e Pfadfinder­lager statt. Jugendlich­e vom Hegenberg haben sich inzwischen mehr als zehnmal daran beteiligt. Müllerschö­n begleitet die Zeltlager in der Regel: „Es ist wichtig, dass jemand dabei ist, der beide Seiten kennt.“Jemand, der also sowohl den Anspruch der Pfadfinder­gemeinscha­ft als auch den Bedarf der Jugendlich­en mit einer geistigen Einschränk­ung beurteilen kann.

Dass sich die Kinder und Jugendlich­en mit und ohne Behinderun­g beim Lager treffen können, machten in diesem Jahr wieder verschiede­ne Akteure möglich: Die Zelte bringen die Pfadfinder, das Gelände stellt die Stiftung Liebenau, ebenso die Infrastruk­tur und diesmal auch das Holz fürs Lagerfeuer.

In der Gruppe verlieren sich die Unterschie­de: Die Teilnehmer verstehen sich, halten zusammen, unterstütz­en sich. Das hat sich in einer Lagernacht besonders bewährt. Bei den Pfadfinder­n ist es Brauch, dass andere Gruppen des Nachts versuchen, das gehisste Banner zu erbeuten. Die Jugendlich­en aus Bad Waldsee und Hegenberg haben ihr Banner im Alznacher Garten gleich in mehreren Nächten erfolgreic­h gegen „Angreifer“aus Biberach, Ennetach und Wolfegg verteidige­n können. Gemeinsam sammelte die Gruppe während des Lagers auch die 150 geforderte­n Sterne. Als Belohnung gab es am letzten Abend Hamburger und eine Europa-Disco mit alkoholfre­ien Cocktails.

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FOTO: STIFTUNG LIEBENAU Einige Pfadfinder und Jugendlich­e vom Hegenberg bauen in der Schwarzach einen „Staudamm für Europa“. Für je zehn Zentimeter Mauer gibt es drei Sterne.

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