Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Die NBA-Stars überragen
Dank Schröder und Theis stehen die Basketballer im EM-Viertelfinale
ISTANBUL (dpa/SID) - Auch am Tag danach war Dennis Schröder noch selig. „Viertelfinale. Unglaublich“, schrieb der NBA-Profi auf Twitter – so richtig fassen konnte er den Coup gegen Frankreich wohl noch immer nicht. Erstmals seit zehn Jahren stehen die deutschen Basketballer bei einer EM wieder unter den letzten Acht. Das ist Schröder zu verdanken, aber vor allem einer beeindruckenden Teamleistung.
„Der Spirit ist einfach gut. Deshalb haben wir gewonnen“, sagte Schröder nach dem überraschenden 84:81 (34:40) gegen den Favoriten. Auch im Achtelfinale von Istanbul zeigte sich, dass der Spielmacher der Atlanta Hawks zwar die zentrale Rolle in seiner Mannschaft einnimmt, aber eben nicht wie befürchtet Alleinunterhalter ist. Der Höhenflug des „Team Germany“geht tatsächlich weiter.
Im Viertelfinale am Dienstag bekommen es die Deutschen nun mit Titelverteidiger Spanien zu tun. Der Topfavorit bezwang in Istanbul Gastgeber Türkei mit 73:56 (33:25). Die Deutschen verfolgten das Spiel auf der Tribüne. „Wir können hier jeden schlagen, wenn wir alles richtig machen“, betonte Schröder schon vorher. „Wir können Respekt haben vor Spanien, weil sie schon so viele Titel geholt haben. Aber wir dürfen keine Angst haben.“
Am Sonntagmorgen startete das Team von Bundestrainer Chris Fleming im Fitnessraum seines FünfSterne-Hotels die Vorbereitung auf das Viertelfinale. „Keiner hätte erwartet, dass wir Frankreich schlagen“, sagte Daniel Theis. „Wir können nun einfach nur Spaß haben und das Spiel genießen.“
Mit 22 Punkten, wichtigen Distanztreffern und krachenden Dunks führte der NBA-Neuling das deutsche Team an und bewies, dass nicht immer nur Schröder als bester Werfer glänzen muss. Nach einer holprigen ersten Halbzeit drehte Schröder aber auf und entnervte die Franzosen mit 21 Zählern und acht Assists.
Zudem leistete erneut auch die zweite Garde um den einstigen Ehinger Distanzschützen Lucca Staiger oder Energiebringer Johannes Thiemann entscheidende Impulse. „Wir sind tief besetzt, wir spielen mit Herz und Kampf und jeder gibt seinen Teil – und deshalb sind wir so stark“, erklärte Kapitän Robin Benzing das Teamkonzept. Gerade mit den defensiven Qualitäten will das deutsche Team auch im Viertelfinale bestehen, der zusätzliche Ruhetag soll dabei zum entscheidenden Vorteil werden. „Das ist für unseren Spielstil sehr wichtig, weil wir dann frischer sind“, sagte Fleming.
Auch der Coach schwärmte von seinen beiden NBA-Profis, die den deutschen Basketball als Doppelspitze von der erst dritten EM-Medaille träumen lassen. „Daniel und Dennis waren heute herausragend“, lobte Fleming. „Dennis hat unseren Jungs den Glauben vermittelt, dass wir es schaffen können. Es war mit Abstand sein bestes Spiel bei diesem Turnier, er hat seine Reife als Anführer und Spielmacher bewiesen.“
Schröders Sonderwünsche
Für diese Qualitäten erfüllt der Deutsche Basketball Bund seinem NBAJungstar auch diverse Sonderwünsche, wie ein Auto und eine Wohnung in der Vorbereitung. „2015 war das noch nicht so“, sagte Schröder zu den Vorzügen in der „Bild am Sonntag“. Auch dass seine Freunde und Familie im Teamhotel übernachten, war Bedingung für die EM-Teilnahme. „Das ist der Respekt, von dem ich geredet habe. Wenn der da ist, spiele ich immer Nationalmannschaft. Ich will in der Vorbereitung, wenn ich in Deutschland bin, die gleichen Bedingungen haben wie in den USA. Ob das nun ein Auto ist oder eine Wohnung, die sie mir stellen. Und wenn meine Familie und die Freunde da sind, spiele ich auf dem höchsten Level“, sagte Schröder.
Mit Schröder an der Seite von Nowitzki scheiterte die DBB-Auswahl zum Ausklang der Ära des Superstars vor zwei Jahren in Berlin noch bitter in der Vorrunde. Nun glaubt der Verband nach einem Jahrzehnt voller enttäuschter Hoffnungen an eine erfolgreiche Zukunft. „Nach der Generation Nowitzki brauchten wir ein bisschen Pause, haben es gut aufgebaut“, sagte DBB-Präsident Ingo Weiss. „Wir können stolz auf diese Truppe sein. Wenn man das Viertelfinale erreicht, kann man sagen: alles richtig gemacht.“Und weiter: „Die Jungs brauchen sich vor niemandem verstecken – egal, wer da kommt.“