Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Soziale Schere beim Musikunterricht
Bildung und Einkommen sind entscheidend
GÜTERSLOH (KNA) - Ob Jugendliche Musik machen, hängt entscheidend von Bildungsgrad und Einkommen der Eltern ab. So lautet das Fazit einer Studie der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung, die am Montag vorgestellt wurde. Soziale Ungleichheit im deutschen Bildungssystem setze sich auch in der musikalischen Bildung fort. Besonders wenig musikalisch aktiv sind demnach Jugendliche aus einkommensschwachen Haushalten, Jugendliche mit niedrigem Bildungsstatus sowie Jugendliche mit direktem Migrationshintergrund.
Der Erhebung zufolge macht rund ein Viertel der 17-jährigen Jugendlichen in Deutschland Musik (24 Prozent). Mehr als die Hälfte (53 Prozent) von ihnen machen hauptsächlich Rock-, Pop-, Hip-Hop- und Technomusik, 27 Prozent klassische Musik und 20 Prozent Unterhaltungs- und Volksmusik. Hat der Vater Abitur gemacht, verdoppelt sich die Wahrscheinlichkeit, dass ein Jugendlicher ein Instrument spielt oder singt. Auch die besuchte Schulform des Jugendlichen beeinflusst die musikalische Aktivität: Besucht ein Jugendlicher kein Gymnasium, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass er Musik macht, um 50 Prozent.
Mehr Förderung
Während ein Drittel der Jugendlichen aus den einkommensstärkeren Haushalten (über 30 000 Euro Jahresnetto) bezahlten Musikunterricht erhalten, um Gesang oder ein Musikinstrument zu erlernen, sind es in Haushalten mit niedrigem Einkommen und Bildungsstatus (unter 15 000 Euro Jahresnetto) lediglich acht Prozent.
Der Trend zwischen 2001 bis 2015 zeigt laut Stiftungsangaben, dass immer mehr Jugendliche aktiv Musik machen. Waren es 2001 bis 2005 lediglich 19 Prozent der Jugendlichen, so stieg der Anteil 2010 auf 28 Prozent und 2015 auf 29 Prozent. Dieser Aufwärtstrend schließe jedoch die soziale Schere nicht.
Als Gegenmaßnahmen fordern Deutscher Musikrat und Bertelsmann-Stiftung neben der Erhöhung bestehender Förderprogramme neue Wege, die stärker als bisher benachteiligte Jugendliche ansprechen und einbinden. Besondere Möglichkeiten dazu böten Ganztagsschulen aller Schulformen.