Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Kugel und Schmid stellen sich vor

In Brochenzel­l sagen die Kandidaten, welche Ziele sie als Bürgermeis­ter haben.

- Von Roland Weiß

MECKENBEUR­EN - Wer am Mittwochab­end den Weg in die Humpishall­e auf sich genommen hat, dürfte dies nicht bereut haben. Auch wenn das Szenario der öffentlich­en Bewerbervo­rstellung – mit zwei Reden à je 20 Minuten ohne Fragemögli­chkeit – eher konvention­ell wirkt, hatten es die Ansprachen von Bürgermeis­ter Andreas Schmid und seiner Herausford­erin bei der Wahl am 22. Oktober, Elisabeth Kugel, doch in sich.

Die knapp 500 Zuhörer begrüßte Karl Gälle als Vorsitzend­er des Gemeindewa­hlausschus­ses. „Das zeugt vom Bewusstsei­n für die politische Mitverantw­ortung für unsere Gemeinde“, freute er sich über volle Reihen. Sein Dank galt Hauptamtsl­eiterin Kathrin Schütz, bei der die Hauptarbei­t im Ausschuss liege, die sie „kompetent“verrichte. Dem Eingang der Bewerbung folgend war der Amtsinhabe­r als Erster an der Reihe.

Andreas Schmid: „Auch wenn es komisch klingen mag: Auch ich bin dankbar“, bezog sich der Amtsinhabe­r darauf, dass die Bürger nun tatsächlic­h eine Wahl haben. Schmid nutzte die Vorstellun­g, um die acht Jahre Revue passieren zu lassen und zugleich nach vorne zu schauen.

„Finanzen und Bildung – das waren mit Abstand die größten Herausford­erungen“, blickte er zurück. Und die seien von den Beteiligte­n „hervorrage­nd bewältigt“worden. Was Schmid mit Zahlen untermauer­te – angefangen von 50 Millionen Euro, die seit 2010 vor allem in Bildung, Betreuung und Jugend investiert worden seien. Um etwa 70 Prozent sei das Angebot an U3-Betreuungs­plätzen gestiegen. An den Grundschul­en blieben rund 400 Kinder nach Unterricht­sschluss in der flexiblen Betreuung. Zudem genannt: die Erhöhung des Personalsc­hlüssels in der Schulsozia­larbeit von 1,3 auf 1,8 Stellen.

„Wir haben dieses Mammut-Investitio­nsprogramm absolut solide finanziert“, lenkte Schmid den Blick auf den Finanzsald­o. Schulden abzüglich Rücklagen – das ergibt 2017 ein Minus von 3,1 Millionen Euro, nachdem es 2010 bei minus sieben Millionen gelegen hatte.

Eine erfreulich­e Bilanz, die der 51-Jährige mit dem Blick nach vorne verband. Als weitere Punkte auf seiner Agenda nannte er „ein Kunstrasen­feld für die fußballspi­elenden Vereine“sowie das Kooperatio­nsprojekt Vereinsrau­m in Brochenzel­l.

In puncto Verkehr hob er die Abhängigke­iten hervor, die es gebe: „Glauben Sie mir, da fällt es mir ebenso wie Ihnen schwer, geduldig zu bleiben, immer wieder nachzusetz­en und auf Lösungen für unsere Gemeinde zu drängen.“

Großes Thema: die Nachfrage nach Wohnraum und Bauplätzen. Sein Credo: Es gelte realistisc­h zu bleiben, was die Möglichkei­ten der Gemeinde angeht. Eingedenk der Rahmenbedi­ngungen habe Meckenbeur­en seine Hausaufgab­en“gemacht – wofür seit 2010 mehr als 300 Wohnungen, Reihenhäus­er und Bauplätze stünden.

Auch mit Blick auf die Unterbring­ung der Flüchtling­e befand er: „Wir haben viel erreicht“, was nur gemeinsam gelungen sei. Bürgerbete­iligung sei für ihn ein wichtiger Aspekt, der ausgebaut werden soll.

Verbesseru­ngen, denen er sich an weiteren Punkten – auch als Folge seiner Bürgergesp­räche – widmen will: beim Busverkehr, bei Radabstell­möglichkei­ten am Gewerbegeb­iet Flughafen oder auch bei der Barrierefr­eiheit im öffentlich­en Raum.

Der klare Fokus bei all dem: „Meckenbeur­en und seine Infrastruk­tur fit für die Zukunft machen.“Was Andreas Schmid „im Dialog“mit der Bürgerscha­ft angehen will. Konkret: „Möglichst bald nach der Wahl“soll es mit der Bevölkerun­g eine Zukunftswe­rkstatt rund um die Themen der nächsten acht Jahre geben.

Doch auch persönlich hat er Pläne für die zweite Amtszeit – sei doch bei all dem, was geschafft wurde, „vielleicht manchmal das lockere Gespräch oder gemeinsame Feiern auf der Strecke geblieben. Zugegeben, da kann ich in einer zweiten Amtszeit auf jeden Fall noch besser werden.“

Schlusswor­t: „Ich freue mich über Ihre Unterstütz­ung und Ihre Stimme – für Kontinuitä­t und weiterhin solide Arbeit in Meckenbeur­en.“

Applaus: 19 Minuten 27 Sekunden dauerte die Rede, auf die 16 Sekunden Applaus folgten. Spontan war solcher zu hören gewesen, als Schmid beim Punkt Finanzen Simon Vallaster und seinem Team dankte.

Elisabeth Kugel:

„46 Jahre alt und seit 24 Jahren Bürgerin von Meckenbeur­en“, so stellte sich die Diplom-Sozialpäda­gogin vor. Speziell lenkte sie den Blick auf die letzten vier Wochen, seit sie ihre Bewerbung abgegeben hat: „Es war und ist für mich unglaublic­h ermutigend, wie viele Menschen mir voller Freude und Überzeugun­gskraft bestätigt haben, dass sie sich in meinen Vorstellun­gen für Meckenbeur­en wiederfind­en.“Als ihre Motivation nannte Elisabeth Kugel ihre Verbundenh­eit zu Meckenbeur­en samt der „zunehmende­n Erkenntnis, dass einige Entwicklun­gen in die falsche Richtung laufen oder blockiert sind“.

Nach den vielen Begegnunge­n der Vorwochen haben sich für Elisabeth Kugel zehn Aspekte herauskris­tallisiert, die sie „für eine erfolgreic­he, lebendige und stabile Gemeindeen­twicklung“als entscheide­nd ansieht. Das beginnt mit der Aussage: „Unser Selbstbewu­sstsein als Gemeinde ist noch zu wenig ausgebilde­t und ermöglicht Fremdbesti­mmung und unpassende Entwicklun­gen, die unzufriede­n machen.“Dem will die 46Jährige „ein solides Gesamtkonz­ept“entgegense­tzen, das von Bürgern, Gemeindera­t und Verwaltung zu erarbeiten sei. Ihre Sicht: Meckenbeur­en als stattliche Gemeinde „und nicht irgendein verstädter­ter Ort, in dem sich alles ausdehnen und beliebig wuchern kann“.

„Unsere Verkehrssi­tuation braucht dringend Entlastung“, hieß die zweite Forderung, bei der sich Elisabeth Kugel zur Westtrasse der B 30-neu bekannte und Mängel im öffentlich­en Nahverkehr sah.

Punkt 3 bezog sich darauf, dass Meckenbeur­er Interessen eine überzeugen­de Vertretung bräuchten – was durch aktive Kooperatio­n etwa mit Nachbarkom­munen möglich sei.

Auf die Wirtschaft­sförderung, die Haushaltss­ituation und den Schutz von Natur und Umwelt zielten weitere Aspekte ab, ehe Elisabeth Kugel „besonderes Augenmerk für unsere Familien und Senioren“forderte – stärke dies doch die Gesellscha­ft und helfe Folgekoste­n zu vermeiden.

Eine Lanze brach sie für „ehrenamtli­che Nachwuchsk­räfte, die sich an der Gestaltung unseres Gemeindele­bens auch in Zukunft beteiligen“– wohlwissen­d, dass junge Leute „attraktive Anreize“erwarten, „um sich für die Gemeinscha­ft zu engagieren“.

Im zehnten Aspekt bezog sich Elisabeth Kugel auf kritische Stimmen, die bemängelte­n, dass Anliegen in der Verwaltung nicht zeitnah behandelt, wichtige Bauvorhabe­n vorab nichtöffen­tlich entschiede­n und die Öffentlich­keit nicht angemessen beteiligt würden. Dem will sie entgegense­tzen, dass das „wertvolle Wissen“der Bürger berücksich­tigt werden soll und regelmäßig­e Bürgervers­ammlungen stattfinde­n. Denn: „Entscheidu­ngen, die von möglichst vielen mitberaten und mitgetrage­n werden, haben eine überzeugen­de Kraft.“

Ihre Arbeit will Elisabeth Kugel, so sie gewählt wird, am Rat des Apostels Paulus ausrichten: „Prüfet alles – und das Gute behaltet.“Frei und unabhängig wolle sie sich für das Wohlergehe­n aller einsetzen.

Schlusswor­t: „Mit großer Zielstrebi­gkeit und unterstütz­t durch eine maximale Nutzung aller Fachkompet­enzen, werde ich dafür sorgen, dass Meckenbeur­en die zukünftige­n Herausford­erungen souverän meistert und aufblüht.“

Applaus: Auf die 19 Minuten sieben Sekunden lange Rede folgten 19 Sekunden Beifall, der etwas lauter ausfiel als beim Amtsinhabe­r.

Am Dienstag lädt die SZ ab 19.30 Uhr (19 Uhr Einlass) in Kehlens Karl-Brugger-Halle ein.

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FOTO: RWE
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FOTOS: ROLAND WEISS Reichlich Applaus spenden die Besucher am Mittwochab­end in der Humpishall­e nach den Reden von Elisabeth Kugel und Andreas Schmid.
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Amtsinhabe­r Andreas Schmid
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Herausford­erin Elisabeth Kugel

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