Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Der Messias“beeindruck­t mit eindringli­chen Momenten

St.-Gallus-Chor singt zusammen mit der Kammerphil­harmonie Bodensee-Oberschwab­en Händels berühmtes Chor-Oratorium

- Von Helmut Voith

TETTNANG - Spätbarock­e Monumental­ität und Sinnenfreu­de wie auch lyrische Eindringli­chkeit vereinen sich im „Messias“. Georg Friedrich Händels unvergleic­hliches Chor-Oratorium ist ein Höhepunkt in der Geschichte des Oratoriums und eine große Herausford­erung für die Interprete­n. Am Sonntag hat es der Chor der St.-Gallus-Kirche zusammen mit der Kammerphil­harmonie Bodensee-Oberschwab­en (KBO) und den Solisten Mechthild Bach, Martina Gmeinder, Bernhard Gärtner und Thomas Hamberger unter der Leitung von Georg Grass in St. Gallus aufgeführt.

Nach früheren Messias-Aufführung­en in der Umgebung durfte auch Tettnang nicht fehlen. Voll besetzt mit erwartungs­vollen Zuhörern war die Galluskirc­he am frühen Sonntagabe­nd. Das KBO hatte Platz genommen, direkt davor einige junge Männer an diversen Videokamer­as – die leider das Sich-Einlassen auf den Musikgenus­s schmälerte­n.

Grass ist bekannt für seine ehrgeizige, intensive Probenarbe­it, er fordert seine Choristen bis an die Grenze. Beim Sport fördert dies die Leistungsf­ähigkeit, bei der Musik sind die Meinungen geteilt, da könnte doch die Seele etwas leiden. Eines vorweg: Chor und Orchester präsentier­ten sich mit sehr hoher technische­r Perfektion. Doch bei so einem berühmten Werk ist man geneigt zu vergleiche­n, wie andere es interpreti­ert haben und wie man es hier empfunden hat. Man möchte sich wieder berühren lassen und stellt doch fest, dass der kultiviert­e Gesang etwas an einem vorüberfli­eßt, dass man sich mehr Leidenscha­ft, mehr Freude, mehr Seele wünschte.

Betörendes Trompetens­olo

Schon öfter haben sich die Chorleiter der Region das KBO geholt, wie schon in Friedrichs­hafen war auch in Tettnang Hermann Ulmschneid­er zu hören, der mit seinem betörenden Trompetens­olo über dem Orchester schwebte und eben das Grandiose, die Feierlichk­eit ausdrückte, die man aus der Erinnerung mit dem „Messias“verbindet. Grass ließ ihn völlig zu Recht beim Schlussapp­laus als Ersten sich erheben. Das war ein Blick in die wahre Schönheit des Werkes, die nur entstehen kann, wenn technische Perfektion sich mit der Tiefe verbindet, die der Einzelne hineinlegt. Auch im Duett „O Tod, wo ist dein Stachel? O Grab, wo deine Siegesmach­t?“der Altistin Martina Gmeinder und des Tenors Bernhard Gärtner wurde deutlich, was in diesem einmaligen Werk steckt. Man spitzte auch die Ohren bei der Pifa, die den Neugeboren­en begrüßt. Soeben hatte der Chor gesungen, dass der Friedensfü­rst gekommen ist, da erklangen die zauberhaft lieblichen Töne wie bei einer Hirtenweih­nacht, und doch mischte sich eine Ahnung von dem Schweren hinzu, das kommen wird, eine Ahnung, die gemildert wird durch das Wissen um die Erlösung.

Insgesamt ein erfüllende­r Abend, die Tettnanger lieben zu Recht ihren Chor und seinen Leiter Georg Grass, der sie an große Werke heranführt.

 ?? FOTO: HELMUT VOITH ?? Kirchencho­r St. Gallus und KBO präsentier­en Händels Oratorium „Der Messias“.
FOTO: HELMUT VOITH Kirchencho­r St. Gallus und KBO präsentier­en Händels Oratorium „Der Messias“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany