Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Warum Mist wichtig ist
Oßwalds aus Zimmerberg erklären, weshalb sie auf tierischen Dünger setzen.
TETTNANG - Misthaufen am Waldesrand bei Neuhäusle haben Mitte September für eine gewisse Irritation gesorgt. Nach Erscheinen des Artikels in der Schwäbischen Zeitung meldete sich Helga Oßwald aus Zimmerberg bei der Redaktion. Das seien ihre Misthaufen – und korrekt gelagert seien sie noch dazu, sagte sie. Zeit für einen Ortstermin.
Die Misthaufen gibt es mittlerweile nicht mehr. Einige Reste sind noch im Hopfengarten direkt am Hof zu erahnen, das meiste ist schon in den Boden eingearbeitet. In der Schaufel eines Schleppers befinden sich noch Überbleibsel. Geruchsneutral, zu Humus geworden.
„Früher gab es an jedem Hof einen Misthaufen“, sagt Helga Oßwald. Mit am Tisch sitzen ihr Mann Josef – er leitet den Betrieb – und Sohn Martin. Oßwalds möchten ihrem Sohn im nächsten Jahr den Hof übergeben. Seit Jahrzehnten bewirtschaften die beiden das Land. Der Betrieb selbst lässt sich lückenlos bis 1881 zurückverfolgen, eine Holztafel lässt aber vermuten, dass es diesen schon Ende des 17. Jahrhunderts gab.
Mist wird zu Humus – und der ist Wasserspeicher, Sauerstoffspeicher und Nährstoffspeicher zugleich. „Man sieht Hopfengärten an, ob sie mit Humus gedüngt werden“, sagt Josef Oßwald. Als auf dem Hof von Oßwalds damals die Viehwirtschaft aufhörte, war auch der Misthaufen weg. Sie sei froh gewesen, dass sie nicht mehr damit arbeiten mussten, erinnert sich Helga Oßwald. Bis sie wenige Jahre später gemerkt hätten, dass Grünkompost und Kunstdünger eben doch Grenzen haben.
Jetzt, wo es keine Viehwirtschaft mehr auf dem Hof gibt, sagt Josef Oßwald, müssten sie sich den Mist woanders besorgen. Sie selbst erhalten diesen bei einem Pferdehof, etwa 80 Kubikmeter pro Jahr. Dazu kommt noch Grünkompost. Um den Mist zu lagern, müssen Oßwalds verschiedene Sachen bedenken: Er darf beispielsweise nicht im Wasserschutzgebiet liegen und muss eine ausreichende Entfernung zum nächsten Bach haben. Schließlich gebe es Sickerwasser, so Josef Oßwald: „Natürlich darf das nicht in ein Gewässer kommen.“Zudem sollte er am Rand vom Acker liegen. Auf ihrem Grund gebe es nur eine begrenzte Auswahl an solchen Stellen. Zumal der Landwirt seine Fracht ja auch noch beund entladen können müsse, auch für schwereres Gerät muss die Fläche also geeignet sein.
Generalreinigung nach Transport
„Das macht mein Mann ja auch nicht zum Spaß“, sagt Helga Oßwald. Immerhin müssten Maschine und Anhänger nach solchen Transporten generalgereinigt werden. „Man macht es nur, weil man weiß, dass das Ergebnis gut ist.“Im daraus entstehenden Humus sind Würmer und Mikroorganismen, die den Wachstumsschub unterstützen sollen.
Martin Oßwald erläutert: „Wir müssen in wenigen Wochen das Maximum herausholen. Also nutzen wir das für die optimale Bodenbeschaffenheit.“Sein Vater Josef ergänzt: „Nach einem halben Jahr ist der Mist fast wie Blumenerde.“Der Humus wird nach der Ernte im Hopfengarten mit dem Pflug eingearbeitet.
„Unsere Werkstatt ist im Freien. Dort stehen wir natürlich immer unter Beobachtung“, sagt Helga Oßwald. Es gebe immer weniger Landwirte. Zugleich, sagt sie mit Blick auf eine allgemeine gesellschaftliche Entwicklung, werde die Rücksicht Anderer auf die Belange von Landwirten geringer und auch das Wissen über Abläufe in der Landwirtschaft nehme ab.
Als Beispiel abseits des Anbaus nennt sie unüberlegt überholende Autofahrer: „Das kann durchaus sehr riskant sein.“Josef Oßwald wünscht sich mehr Dialog bei offenen Fragen: „Jeder kann doch das Gespräch mit den Landwirten suchen.“