Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Diese Vielfalt hat die Lände noch kaum erlebt
Die Ausstellung „vierstimmig“zeigt ganz unterschiedliche „papercuts“
KRESSBRONN - Es ist immer wieder spannend, beim Aufbau einer neuen Ausstellung die Metamorphose der Lände in Kressbronn zu erleben. So auch am Dienstagmorgen, wo im Vorfeld der Ausstellung „vierstimmig“die Künstlerin Julia Sossinka dabei ist, eine Papier-Installation in den Raum wachsen zu lassen.
Es ist die dritte Ausstellung der Serie „vierstimmig“, die wie zuvor mit Zeichnung und Radierung eine künstlerische Technik zum Ausgangspunkt macht, um vier ganz unterschiedliche Positionen vorzustellen. „Papercuts“stehen diesmal im Fokus, Arbeiten mit Papier, und man mag kaum glauben, wie völlig anders die vier Künstler darangehen, die Gudrun Teumer-Schwaderer zusammengestellt hat: Gabriele Basch aus Hamburg, Marc Dittrich aus Stuttgart, Julia Sossinka aus Berlin und Bruno Sutter aus Bern.
Sie reisen an unterschiedlichen Tagen an, so sind am Dienstag erst die Arbeiten der beiden Künstler zu sehen, die im Erdgeschoss des Neubaus ausstellen. Julia Sossinka, 2008 Meisterschülerin bei Professor Markus Lüpertz, hat Malerei studiert und habe erst „ganz normal auf Leinwand gemalt“, ehe ihre Arbeit ein Eigenleben entwickelte. „Ich habe mir mehr Raumtiefe gewünscht“, sagt sie.
Objekte wachsen mehr und mehr aus der Wand heraus
So sind aus der Malerei mit Schellack-Tusche auf Papier Collagen entstanden, dann hat sie aus der Malerei Formen und Farben ausgerissen und zu ganz reduzierten Objekten gefügt, die mehr und mehr aus der Wand herauswuchsen und schließlich zu wunderbar luftigen, farbigen, dynamischen, dreidimensionalen Installationen wurden, die den Raum erobern. So eine Arbeit entsteht als Prozess vor Ort, geht direkt auf den Raum ein – in der Lände wird sie den Treppenaufgang verwandeln. Nach der Ausstellung werden die Elemente wieder abgebaut und anderswo zu neuen Installationen gefügt.
Während hier bunte Farbigkeit sprießt, zeigt Bruno Sutter daneben völlig reduzierte Objekte. Auch er arbeitet mit Papier oder Pappe, presst vielfache Lagen so eng zusammen, verdichtet sie so weit, dass ein Papierklotz oder –turm entsteht, der in seiner Härte kaum mehr das Papier erahnen lässt. Eine ganz feine Musterung erhält er einerseits durch die Papierränder und andererseits vom Beschneiden. Auch ein ganz orangefarbenes Objekt ist nicht etwa bemalt, sondern aus durchgefärbtem Papier entstanden. Dass sich in den neuesten Arbeiten die kantigen „Papierklötze“mit Betonteilen verbinden, schafft einen besonderen Reiz.
Filigrane Papierschnitte und „Flechthäuser“
Wieder anders arbeiten die noch zu erwartenden Künstler. Gabriele Basch wird als klassische Papierschneiderin filigrane Papierschnitte vorstellen, beispielsweise Blumenbilder, aber auch ironisierende Bilder aus dem Bereich Pop, Medien oder Werbung. Marc Dittrich zeigt dagegen seine Herkunft von der Fotografie. Noch kaum vorstellbar ist, wie er aus Papierstreifen „Flechthäuser“aufbaut, verblüffende Gebäudemodelle, halbplastische Wandarbeiten oder vollplastische Objekte, die zu Hochhäusern werden.