Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Kandidatin
Im russischen Präsidentschaftswahlkampf kündigt sich etwas Farbe an. Die Moderatorin Xenia Sobtschak machte den seit Wochen in Moskau herumgeisternden Gerüchten ein Ende: Das ehemalige Glamourgirl tritt als Herausforderin Wladimir Putins bei den Präsidentschaftswahlen im März an. Das Placet des Kremlchefs hat sie. Jetzt muss die 35-jährige Journalistin noch 300 000 Unterschriften für ihre Zulassung sammeln.
Das dürfte kein Problem werden. Die Kandidatur Sobtschaks scheint eh auf einem Projekt des Kreml zu beruhen. Die Präsidialadministration suchte seit dem Spätsommer eine Frau als Herausforderin. Die Führung befürchtete nämlich, die Wahlbeteiligung könnte niedrig ausfallen. Sobtschak ist bekannt und schloss die diplomatische Kaderschmiede MGIMO mit Diplom ab.
Sie könnte sogar, würde Putin es jemals wagen, sich ungefilterten Fragen zu stellen, den Präsidenten inhaltlich in die Bredouille bringen. Zurzeit ist sie auf dem oppositionellen Internet-Sender „TV-Doschd“mit einem Interviewformat zu sehen. Diese Arbeit im Kanal „doschd“war bereits Xenia Sobtschak kandidiert bei der russischen Präsidentenwahl im März 2018.
die Folge einer Abstrafung. 2012 hatte sich Sobtschak nach dem Wahlbetrug bei den DumaWahlen 2011 auf die Seite der Opposition geschlagen. Aus „Russlands Paris Hilton“wurde über Nacht eine Protestlerin, die sich auch auf der Straße Gehör verschaffen konnte. Die Kremlmedien verbannten sie umgehend.
Ihr Vater Anatolij Sobtschak war Demokrat der ersten Stunde und Wegbegleiter des russischen Präsidenten Boris Jelzin. Als Sobtschak Bürgermeister in St. Petersburg wurde, stellte er Putin als Vize-Bürgermeister ein. Gerüchte hielten sich lange, Wladimir Putin sei auch ihr Patenonkel. Das hielt sie nicht davon ab, ihm und dem System öffentlich die Meinung zu sagen. Sie macht sich lustig über Putin und die treue Altherrenriege seiner ewigen SparringPartner. Natürlich weiß Sobtschak, dass auch sie keine Chancen hat. Klaus-Helge Donath