Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Eine Liebe gegen alle Widerstände
Spannende Lesung mit Nur Öneren zu brisantem Thema trifft auf aufmerksame Zuhörer
MECKENBEUREN - Eine etwas andere Unterrichtsstunde haben die Neuntklässler des Bildungszentrums Meckenbeuren mit ihren Lehrerinnen erlebt, als Büchereileiterin Judith Tinnacher sie am Mittwoch zu einer spannenden Lesung mit Nur Öneren in der Gemeindebücherei begrüßte. Nur Öneren hat gemeinsam mit ihrem heutigen Ehemann Wolfgang Schnellbächer das Buch „Unser wildes Blut“geschrieben, das im vergangenen Jahr im cbt Verlag für Kinder- und Jugendliteratur erschienen ist.
„Das Buch ist aus zwei Perspektiven geschrieben“, erklärt Nur Öneren zu Beginn der Lesung. „Haupterzähler in der Geschichte sind Alexander, welcher Christ ist und Ilhan, welcher Muslim ist“, fährt sie fort. Alexander liebt seine Mitschülerin Aysel. Doch es ist eine Liebe, die nicht sein darf. Denn Aysel ist Muslimin und Alexander Christ. Die beiden haben keine Chance. Aysels Bruder Ilhan, der auf dieselbe Schule geht, wacht mit Argusaugen über die Ehre seiner Schwester. Aber so leicht gibt Alexander nicht auf. Als der Konflikt sich immer mehr zuspitzt und die Schule in zwei Lager spaltet, soll Aysel plötzlich verheiratet werden. Den beiden Liebenden bleibt nur die Flucht. Doch Aysels Bruder ist ihnen dicht auf den Fersen.
Immer wieder unterbricht Nur Öneren ihre Lesung und erklärt den Jugendlichen, wie sie und ihr Ehemann Wolfgang Schnellbächer auf das Thema gekommen sind und thematisiert die jeweiligen Ideale, die bei Muslimen oder Christen vorherrschen, ebenso die Doppelmoral, die in dem Buchtitel „Wildes Blut“und der türkischen Übersetzung „Vahsi kan” steckt. Es geht in dem Buch um die verschiedenen Kulturen, deren unterschiedliche Geschlechterrollen und um die erste große Liebe.
Der Leser und die Zuhörer bekommen einen guten Eindruck von den Gedanken und Gefühlen von Ilhan und Alex. „Ist die Geschichte wahr oder erfunden?” wollten die Schüler zum Schluss der Lesung am Mittwoch wissen. „Sie ist fiktiv, wir haben aber nach Charakteren geschaut aus der Realität”, erzählt Nur Öneren wie sie und Wolfgang Schnellbächer auf das Thema gestoßen sind.
In der Realität hautnah erlebt
Wolfgang Schnellbächer hat damals als Zivildienstleistender gearbeitet und wurde zu einem Notfall gerufen, bei dem sich ein junger Araber die Pulsadern aufgeschnitten hatte und das Leben nehmen wollte, weil er in ein deutsches Mädchen verliebt war, ihm aber seine Familie bereits ein muslimisches Mädchen ausgesucht hatte.
„Wie es den Männern in einer solchen Situation geht, wird oft nicht thematisiert“, weiß Nur Öneren. In ihrem Buch „Unser wildes Blut“haben Nur Öneren und Wolfgang Schnellbächer ein brisantes Thema aufgegriffen – und es ist ihnen bestens gelungen, dieses in eine schöne, authentische Jugendgeschichte zu verpacken.