Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Mexikos Präsident Peña Nieto ist eine Mogelpackung
Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto bleibt noch ein gutes Jahr im Amt. Und man muss sagen: Es wird Zeit, dass er geht. Der 2012 als Hoffnungsträger gestartete Staatschef der alten autoritären Kaderpartei PRI (Partei der Institutionalisierten Revolution) hat sich als Mogelpackung entpuppt.
Er verkörpert vorgeblich die neue geläuterte PRI, die nicht mehr auf Autoritarismus, Vetternwirtschaft und Entmachtung der Institutionen setzt. Aber nach fünf von sechs Amtsjahren ist der Hoffnungsträger zum Hoffnungslosen geworden. Die Bevölkerung ist ernüchtert: Galoppierende Korruption, Menschenrechtsverletzungen, Journalistenmorde, Gouverneure, die im Knast landen, kaltgestellte Institutionen und eine stagnierende Wirtschaft prägen die Amtszeit von Peña Nieto.
Das Umfrageinstitut Latinobarómetro, das ganz Lateinamerika den Puls fühlt, fand kürzlich heraus, dass 93 Prozent der Mexikaner die Amtsführung des Präsidenten und ihn als Person ablehnen. Selbst der venezolanische Staatschef Nicolás Maduro schneidet bei Latinobarómetro mit einer Ablehnungsquote von 73 Prozent deutlich besser ab.
Rückblick: Es herrschte eine Stimmung der Euphorie, als Peña Nieto im Dezember 2012 sein Amt antrat. Er versprach fast alles: Reformen, Wachstum und vor allem das Ende des Drogenkriegs. Nach 70 000 Toten in der Amtszeit seines Vorgängers Felipe Calderón und einer über sechs Jahre stagnierenden Wirtschaft wollten Bevölkerung und Experten nur allzu gerne den Verheißungen des neuen Staatschefs Glauben schenken.
Es war viel vom „Mexican Moment“die Rede. Im Februar 2014 verstieg sich das Magazin „Time“zu einem Titelbild, auf dem Peña Nieto in Staatsmannpose abgebildet war. Darüber stand schlicht: „Saving Mexico“. Die Geschichte war eine Lobeshymne auf den so aktiven Staatschef, der sein Land scheinbar aus den negativen Schlagzeilen katapultierte. Selten lag das „Time“-Magazin schiefer als damals.
Euphorie ist verflogen
Fünf Jahre nach Amtsantritt ist nichts mehr von der Euphorie zu spüren. Der Drogenkrieg wütet noch schlimmer als unter Calderón, und das Wirtschaftswachstum nimmt kaum die Zwei-Prozent-Hürde.
Aus dem Lächler und Beau Peña Nieto von einst ist durch die massive Kritik von Medien, Bevölkerung und Experten ein dünnhäutiger Zyniker geworden, der angesichts der Verbrechen in seinem Land abtaucht und sich für das Leid der Menschen nicht interessiert. Jeden Tag geschehen 68 Morde in Mexiko, zudem ist das lateinamerikanische Land der tödlichste Arbeitsplatz für Journalisten. Weltweit steht das bis heute ungelöste Verbrechen an den 43 Studenten von Ayotzinapa für die Amtszeit Peña Nietos. Leugnen, Lügen, Vertuschen und Verdecken waren die Handlungsmaxime anstatt Aufklärung und Mitgefühl. Zu sehr waren offensichtlich staatliche Vertreter in das Verbrechen involviert.
So zählen die Mexikaner die Tage bis zur Wahl im Juli 2018. Momentan gilt der Linkskandidat Andrés Manuel López Obrador als Favorit. Mexiko würde damit gegen den Trend wählen, denn in der Region kippt ein Land nach dem anderen wieder nach rechts. Mitte November wird vermutlich in Chile der konservative ExPräsident Sebastián Piñera die amtierende Mitte-Links-Regierung ablösen.