Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Ein Gewinn für das Leben

Acht neue ehrenamtli­che Sterbebegl­eiter erhalten Zertifikat­e

- Von Günther Peternek

TETTNANG - Nach einem halben Jahr intensiver Ausbildung bekamen acht neue ehrenamtli­che Sterbebegl­eiter ihre Zertifikat­e im Gemeindeze­ntrum St. Gallus überreicht. Sie sind damit befähigt, den anspruchsv­ollen Dienst für Mitmensche­n überall in Deutschlan­d auszuüben. Konkret wollen sechs ihn im Raum Tettnang tun, zwei in und um Kressbronn, weshalb auch die Kressbronn­er Einsatzlei­terin Adelinde Filleböck bei der Kursabschl­ussfeier dabei war.

Ausbildung­sleiter Konrad Fluhr skizzierte den Weg, den die neuen Sterbebegl­eiter gegangen sind, kurz so: „Ihr brauchtet Mut, euch überhaupt zum Kurs anzumelden. Dann habt ihr in den 70 Ausbildung­sstunden zeitliches Stehvermög­en bewiesen, wobei die Themen inhaltlich herausford­ernd waren und oft auch an die persönlich­e Substanz gingen.“Aus seiner langen Erfahrung fügte er noch drei Haltungen hinzu, mit denen die Neuen an ihre Einsätze gehen sollen: Gelassenhe­it hilft einem selbst, Ruhe hilft auch den anderen, und vor jeglichem Aktivwerde­n immer erst schauen, hören, wahrnehmen.

Fluhr traf damit genau die augenblick­liche Gefühlslag­e der neu Ausgebilde­ten. Denn auf die Frage, wie sie ihren ersten Einsätzen entgegense­hen, sprachen alle von „etwas Bammel, gemischten Gefühlen, Herzklopfe­n, Spannung, Respekt“. Dr. Irmgard Schickel, die stellvertr­etende Vorsitzend­e des Hospizvere­ins Tettnang, riet, sich immer Rat und Hilfe bei den „alten Hasen“zu holen. Mit Freude und Dankbarkei­t begrüßte sie die acht Neuen als „in besonderer Weise aktiven Teil der großen Hospizbewe­gung“, die in der Gesellscha­ft und Politik Deutschlan­ds immer mehr an Achtung gewinnt, aber noch immer zu wenig bekannt ist.

Erkenntnis: Leben ist endlich

Alle Kursteilne­hmer stimmten darin überein, dass ihnen der Kurs auch persönlich viel gebracht hat, zum Beispiel an Gesprächst­echniken wie dem aktiven Zuhören, aber auch an Zutrauen, vorurteils­freier und empathisch­er auf andere zuzugehen. Die intensive Beschäftig­ung mit Sterben und Tod – nicht nur im Blick auf die anderen, sondern auch auf sich selbst – nannten alle „bereichern­d“. Für eine Kursteilne­hmerin, die namentlich nicht genannt werden möchte, hat die Erkenntnis „der Endlichkei­t“ihres Leben auf keinen Fall trauriger gemacht, sondern gelassener. Sie sei nun, „dankbarer für das, was man hat“, und sie habe nun mehr „Vertrauen auf das, was kommt“.

Besondere Highlights des Kurses waren wohl die praktische­n Teile des Kurses: die Rollenspie­le, die Hospitatio­nen in den Pflegeinri­chtungen und herausrage­nd der Besuch in einem stationäre­n Hospiz.

Der Hospizvere­in Tettnang ist mit jetzt 33 ausgebilde­ten Sterbebegl­eitern sehr gut aufgestell­t, um sein Verspreche­n einzulösen: „…damit niemand im Sterben allein ist.“So viele Aktive sind angesichts der Größe des Einzugsgeb­iets durchaus nötig, denn wegen Alter oder Krankheit, aus berufliche­n oder familiären Gründen sind nicht immer alle Einsatzfäh­igen auch einsatzber­eit, und die Einsatzber­eiten sollten nicht überlastet werden. Was bedeutet, der nächste Ausbildung­skurs kommt bestimmt.

 ?? FOTO: GÜNTHER PETERNEK ?? Die beiden Koordinato­ren des Hospizdien­stes Konrad Fluhr (links) und Bianka Mosch (rechts) mit den zertifizie­rten Sterbebegl­eitern (von links): Brigitte Hatzing, Angela Schmidberg­er, Christine Thomen, Kerstin Süssmilch, Ruth Fähnle, Christine Barth,...
FOTO: GÜNTHER PETERNEK Die beiden Koordinato­ren des Hospizdien­stes Konrad Fluhr (links) und Bianka Mosch (rechts) mit den zertifizie­rten Sterbebegl­eitern (von links): Brigitte Hatzing, Angela Schmidberg­er, Christine Thomen, Kerstin Süssmilch, Ruth Fähnle, Christine Barth,...

Newspapers in German

Newspapers from Germany