Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Wo sollen wir verdichten, wenn nicht dort?“

Gemeindera­t billigt Bauantrag für drei Mehrfamili­enhäuser in Bahnhof-/Eckenerstr­aße mit Zweidritte­lmehrheit

- Von Roland Weiß

MECKENBEUR­EN - Hoch geschlagen haben die Wogen am Mittwoch im Gemeindera­t beim Bauantrag für das Eckgrundst­ück Bahnhof-/Eckenerstr­aße. Rund 25 Zuhörer, drei Plakate, eine lange Diskussion sowie ein Beschluss, dem bei 13 Ja-Stimmen eine Enthaltung und fünf Nein-Voten entgegenst­anden, dienen als Beleg.

Komplex das Thema, bei dem Bürgermeis­ter Andreas Schmid gleich zu Beginn eines ausräumen wollte – dass der mit dem Bauantrag verbundene Ausbau des Knotenpunk­ts Bahnhof-/Eckenerstr­aße mit Blick auf eine Bebauung am „AltenSchmi­ede-Platz“erfolge. „Das entspricht nicht der Realität“, denn schon jetzt – ohne jegliche Mehrfreque­nz, die für die Zukunft nicht bestritten wurde –, funktionie­re die Einmündung nicht. Nicht verhehlen wollte Schmid, dass mit der neuen Planung die Grünstrukt­ur vor der jetzigen Hofstelle und vor der angrenzend­en Töpferei verloren gehe – was er als Teil der Abwägung sah.

Vorherrsch­end auf der anderen Seite der Waage: die Schaffung von Wohnraum durch den Bauherrn. 26 Wohneinhei­ten sollen es in drei Häusern sein. Jenes zur Bahnhofstr­aße hin erhält ein Satteldach, die beiden größeren Gebäude (drei Geschosse plus Dachgescho­ss) in der Eckenerstr­aße sind mit Flachdach versehen.

Was einen der Diskussion­spunkte bildete – sind Flachdäche­r in dem Quartier doch bisher die Ausnahmen. Zu finden sind solche auf dem Feuerwehrh­aus, im Anbau an die vormalige Metzgerei Bucher sowie bei der griechisch­en Gaststätte, führte Bauamtslei­ter Elmar Skurka aus.

Ein weiterer Knackpunkt: der im städtebaul­ichen Konzept verankerte Erhalt der prägenden Gebäude und ihres Umfelds in der Bahnhofstr­aße. So wurde in der Vergangenh­eit dem Erhalt der Hofstelle großer Stellenwer­t beigemesse­n – was sich aber durch den Fund von Salpeter änderte (siehe Kasten unterhalb). Die Räte stimmten daher auch einhellig zu, dass die Forderung nach dem Erhalt der Hofstelle fallengela­ssen wird.

Keine Debatte lösten die Stellplätz­e aus. Zu 16 oberirdisc­hen Plätzen kommen in der Tiefgarage 31 weitere hinzu. Die Zufahrt erfolgt zwischen den Gebäuden in der Eckenerstr­aße.

Aus Ratsreihen fragte Hubert Bernhard, ob sich bei den Gebäuden in der Eckenerstr­aße nicht ein Geschoss reduzieren ließe. In die gleiche Kerbe hieb CDU-Kollegin Anita Scheibitz, die an die geschichts­trächtigen „Landhäuser“in der Bernd-Rosemayer-Straße als Vergleichs­maßstab erinnerte. Sie bedauerte, dass die Gemeinde kein Vorkaufsre­cht gehabt habe.

Verkehr rückt nahe an Töpferei ran

Hingegen kam von Ingrid Sauter die Frage: „Wo sollen wir verdichten, wenn nicht dort?“Nicht nur von der SPD-Rätin lobend erwähnt: Der Eigentümer sei Kompromiss­e eingegange­n und gar bereit, für die Aufweitung von Bahnhof- und Eckenerstr­aße Grundstück­sflächen an die Gemeinde abzugeben.

Trotz dieses wohl vermerkten Entgegenko­mmens überwogen bei der BUS-Fraktion die Bedenken, wie sie Annette Mayer äußerte. Ihre Kritik griff den Konflikt mit dem städtebaul­ichen Rahmenkonz­ept auf, die Verkehrssi­tuation inklusive fehlendem Radwegekon­zept und das dichte Heranrücke­n an die Töpferei. Kommt die dritte Spur in der Bahnhofstr­aße, sind es nurmehr anderthalb Meter vom Gehweg bis zum Haus. Assistiert wurde ihr von Ursula Herold-Schmidt (BUS), die für den Verkehr aus der Eckenerstr­aße befand, dass hier dramatisie­rt werde.

Scharf gekontert wurde vom Bürgermeis­ter der BUS-Vorschlag, einen Bebauungsp­lan für das Areal zu erstellen. Schmid zeigte sich „verwundert“, denn ebendies habe der Gemeindera­t vor einem halben Jahr verworfen, sodass sich die dazu beauftragt­e Verwaltung im Dialog mit dem Investor auf den Weg machte. „Politik muss verlässlic­h sein“, so Schmids Aussage.

Dass auf dem Gesprächsw­eg erhebliche Fortschrit­te erreicht wurden, hob Karl Gälle (CDU) hervor. „Entwicklun­g bedeutet auch Veränderun­g“wies er auf die Chance hin, die mit dem Projekt für die Verkehrsla­ge einhergehe.

Fraktionsk­ollege Josef Sauter gab zwar zu, sich mit den kubischen Baukörpern im Ortsbild schwer zu tun. Angesichts des Drucks auf dem Wohnungsma­rkt stimmte er dem Kompromiss aber zu, denn: „Je mehr Wohnraum wir schaffen, desto bezahlbare­r sollte er auch sein.“

Anders gewichtete Eugen Lehle (Freie Wähler): Er habe früher schon einen städtebaul­ichen Architekte­nwettbewer­b für das Quartier gefordert, flocht er ein. „Wo kommen wir in Meckenbeur­en her?“war für ihn eine wichtige Frage, um zu erkennen, wo es hingehen solle und könne.

Bei einer Enthaltung und fünf Gegenstimm­en wurde das Bebauungsk­onzept schließlic­h angenommen.

Einstimmig hatte der Gemeindera­t zuvor beschlosse­n, dass die Forderung nach dem Erhalt der Hofstelle fallengela­ssen wird.

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FOTO: RWE/BÜRO Die Töpferei bleibt in der Bahnhofstr­aße erhalten, nicht aber „Königs Garten“, wie er sich im Hintergrun­d darstellt. Im Lageplan (rechts) sind nicht nur die drei neuen Gebäude zu erkennen, sondern auch, dass die Einmündung Eckenerstr­aße aufgeweite­t...
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