Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Glänzender Einstand für Julian Bucher

Dirigent legt mit Stadtkapel­le Tettnang beeindruck­endes Herbstkonz­ert hin.

- Von Christel Voith

TETTNANG – Einen glänzenden Einstand hat Julian Bucher am Samstagabe­nd als neuer Dirigent der Stadtkapel­le gefeiert. Helle Begeisteru­ng schlug ihm, seinen Musikern und ihren Gästen, dem Tettnanger Frauenchor Allegro, beim Herbstkonz­ert in der Stadthalle entgegen.

Mit gutem Grund hat das Konzert mit zehnminüti­ger Verspätung angefangen: Der Andrang war so groß gewesen, dass eilig die Rückwand nach hinten verschoben und weitere 50 Stühle herbeigesc­hafft wurden, damit die rund vierhunder­t Zuhörer Platz fanden – erstmals an Tischreihe­n mit Bewirtung und damit ganz und gar kein trockenes Vergnügen.

Traditions­gemäß hat zuerst das Jugendblas­orchester Tettnang sein beachtlich­es Niveau präsentier­t. Unter Leitung von Ulrike Miller spielten nicht nur Jugendlich­e aus Tettnang samt Krumbach, Obereisenb­ach und Tannau, sondern auch Nachwuchsm­usiker aus Eriskirch und Wilpoltswe­iler. Liebenswür­dig moderiert von Laura Walser und Louisa Dannecker stiegen sie mit Holsts Second Suite in F und englischen Folk-Melodien ein. Bestens meisterten sie den Wettstreit der hohen und tiefen Lagen, die Taktarten und Tempi, das Mit- und Ineinander der Register, die vorwärtsst­ürmende Dynamik im 4. Satz im Wechsel von „Greensleev­es“und der „Fantasia on the Dargason“. Rasant spielten Max Appenmaier und Leo Pfender das vom Orchester begleitete „tödliche Duell“auf zwei Xylophonen. Ordentlich zur Sache ging es in Jim Steinmans „Tanz der Vampire“, schmissige und lyrische Passagen wechselten bis zur Punktlandu­ng. Kein Wunder, dass das Trompetenr­egister sich Kurt Gäbles böhmische Polka „Wir Musikanten“als Zugabe gewünscht hatte, denn da kamen sie mitsamt dem übrigen Blech glänzend heraus.

Mit herrlichem Schwung ging’s nach dem Umbau in den ersten Block der Stadtkapel­le, wo Jessica Mayer und Larissa Schmidhube­r charmant moderierte­n. Man spürte sogleich, was Tobias Lutz bestätigte: Die Probephase­n mit Julian Bucher hatten allen großen Spaß gemacht, mit Fachwissen, Geduld, Witz und Charme habe er sie geführt. Ergebnis war ein hinreißend dynamische­s und zugleich elegantes Spiel. Auffallend im Programm war, dass es weniger auf Einzelleis­tungen als auf das Spiel der Register abgestimmt war, so wie in van der Roosts „Puszta“-Zigeunertä­nzen, wo abwechseln­d Hörner und Trompeten, Flöten und Klarinette­n, Saxofone und Schlagzeug hervortrat­en, um nur einige zu nennen. Soli glänzten vor allem in den Klezmer Classics von Johan de Meij, ob Martina Blaser am Akkordeon, Petra Schmidt an der Klarinette oder Angela Schneider an der Oboe.

„Für Frauen ist das kein Problem“

Auffallend war die Dramaturgi­e des ausgewogen­en Programms: Vom schwungvol­len Festmarsch ging’s zur sprühenden Dynamik der vielfarbig­en Klezmermus­ik. Nach einem wunderbar lyrischen Ruhepunkt mit Thiemo Kraas’ Nachtstück „Abendmond“, in dem das tiefe Blech Harmonie und Geborgenhe­it ausströmte, entfaltete sich wieder sprühendes Temperamen­t, erst in Johann Strauß Sohns Persischem Marsch, der mitPräzisi­on und Transparen­z auf Ende zu wirbelte, dann im Feuer der Puszta mit immer wilderen Crescendi.

Geht noch mehr Rhythmus und Dynamik? Ja, es geht – mit dem Mambo, der die letzte Runde eröffnete. Inzwischen hatten sich die Sängerinne­n von Allegro hinter der Kapelle aufgebaut. Aus voller Kehle ließen sie unter der Leitung von Elke Sorg den Song „With a little help from my friends“strömen, leider per Lautsprech­er, was die gewohnte Gesangskul­tur doch etwas nivelliert­e. Gut, dass Allegro als Überraschu­ng vor dem Konzert schon im Foyer die Gäste singend empfangen hatte. Köstlich ihr Lied „Für Frauen ist das kein Problem“nach Max Raabe. Sehr eindrucksv­oll war der von Stadtkapel­le und Allegro gemeinsam dargeboten­e „Hymn to the Fallen“, der Hymnus an die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs. Ohne Worte sang der Chor, in großer Ruhe und Feierlichk­eit spielte das Blech, ein würdevolle­s Klanggemäl­de. Nicht minder stimmungsv­oll war zuletzt der nach Lutz’ Dankeswort­en gemeinsam gesungene und gespielte „Lenas Song“aus dem Film „Wie im Himmel“. Mit Elke Sorg als Solistin folgte als Zugabe aus dem gleichen Film der bekannte „Gabriellas Song“.

„Wollt ihr’s fetzig oder ruhig?“, fragte Bucher, als das Klatschen nicht enden wollte. Klar, dass beides gewünscht wurde, und so gab’s zum Ausschnitt­e aus dem Mambo und aus Lenas Song. Die dreieinhal­b Stunden waren nur so dahingeflo­gen.

Auf die Ehrungen geht die SZ noch gesondert ein.

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FOTO: HELMUT VOITH
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FOTO: HELMUT VOITH Vor den gemeinsame­n Stücken stellt sich Allegro unter der Leitung von Elke Sorg (rechts) allein vor.

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