Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Die Welt zu Gast bei Dopern
Am Dienstag entscheidet das Internationale Olympische Komitee (IOC) über einen möglichen Ausschluss aller russischen Athleten von den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang. Dabei geht es nicht einmal mehr um die Frage, ob die Welt bei Olympia 2014 in Sotschi zu Gast bei Dopern war. Das können angesichts der Fülle an nachträglich überführten und lebenslang gesperrten russischen Athleten mittlerweile nicht einmal russische Sportfunktionäre leugnen. Auch geht es dabei nicht mehr wirklich um die Frage, ob dieses planmäßige und systematische Doping vom Staat wenn nicht angeordnet, dann zumindest toleriert war (das bestreitet im Grunde nur noch Russland). Sondern darum, ob die IOC-Funktionäre die erdrückende Indizienkette als so gerichtsfest bewerten, dass ihnen die maximale Kollektivstrafe angemessen erscheint.
Auch möglich – und wahrscheinlicher – ist ein lebenslanger Olympia-Bann von Witali Mutko. Wladimir Putins Jugendfreund war zur fraglichen Zeit Sportminister, mittlerweile ist er Vize-Premierminister – und Chef des WM-Organisationskomitees. Am Freitag durfte er wieder einmal sein Wutmärchen vom armen Russland erzählen, das vom Rest der Welt drangsaliert werde. Die vielen Untersuchungen, die erdrückenden Indizien und Belege für das Staatsdoping zielten nur darauf ab, „Russland auf die Füße zu trampeln“. In der Sbornaja (die russische Fußball-Nationalmannschaft, die rund um die WM 2014 ebenfalls komplett gedopt gewesen sein soll, die Red.) „gab es nie Manipulation und wird es nie Manipulation geben“. Die Vorwürfe seien „nie bewiesen“worden usw. usf.
FIFA-Boss Gianni Infantino legitimierte den skurrilen Auftritt noch. Durch seine Anwesenheit. Und – fast noch schlimmer – durch seine Reaktion. „Soweit die FIFA betroffen ist, sehe ich keine Auswirkungen irgendeiner Art“, sagte er. Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen – und hin und wieder die Hand aufhalten: diese weitverbreitete Haltung in der FIFA hat der Welt die WM 2018 in Russland und die 2022 in Katar beschert (und auch die WM 2006 in Deutschland). Es hat sich nicht viel geändert.