Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Fataler Rückzug
Egal, aus welchen Gründen Stefan Sommer seinen Posten als Vorstandschef nun geräumt hat. Ob es nun er gewesen ist, der undiplomatisch die Eigentümer um Friedrichshafens OB Andreas Brand vor den Kopf gestoßen hat. Oder ob es Brand und die Gemeinderäte der Stadt gewesen sind, die es nicht dulden wollten, dass der selbstbewusste Manager seine Strategie ZF 2025 rigoros umsetzt. Fakt ist, der Rückzug Sommers ist ein Desaster für ZF. Der Wechsel wird das Unternehmen Zeit kosten, und es ist fraglich, ob ZF einen ähnlich kompetenten Nachfolger findet.
Sommer hat den Zulieferer auf den Weg geführt, den jeder Automobilkonzern gehen muss, wenn es nicht untergehen will. Sommer hat die Geschwindigkeit der Veränderung und das Ausmaß der Umbrüche erkannt, vor denen die Branche steht – und er hat begonnen, die alte Zahnradfabrik umzubauen.
Denn eines ist klar: Allein mit qualitativ hochwertigen mechanischen Produkten wie Getrieben und Fahrwerktechnik – jahrzehntelang das Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens – wird ZF langfristig nicht überleben. Würde der Konzern allein auf solche Produkte seine Zukunft bauen, würde ZF mittelfristig zum Zulieferer von Zulieferern werden.
Natürlich werden auch in Zukunft noch Fahrwerktechnik und Getriebe benötigt, doch alle mechanischen Produkte müssen digital regelbar sein und sich in die Systeme autonom fahrender Autos integrieren. Wenn ZF-Getriebe das nicht können, werden sich Daimler und Co. bei anderen Zulieferern umschauen, die das als Komplettangebot anbieten. Möglicherweise werden die Zuliefer zwar ZF-Produkte nutzen, das Unternehmen wird aber Marge und den wichtigen Zugang zu Autobauern verlieren.
Andreas Brand steht nun vor der Aufgabe, einen Nachfolger zu finden. Ein Problem, das er mitverursacht hat, indem er Einfluss nahm und den Führungsstreit nicht entschärfte. Die Suche nach einem Nachfolger ist nun doppelt schwierig, denn Topmanager werden sich genau überlegen, ob sie Vorstandsvorsitzender bei einem Unternehmen werden wollen, in dem wichtige Schritte zur Zukunftssicherung nur schwer durchgesetzt werden können.