Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Lebkuchenzeit
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Millionen Schokoladen-Weihnachtsmänner brachte die Süßwarenindustrie dieses Jahr auf den Markt. Du meine Güte! Wer soll denn die alle essen? Ich esse zwar auch gern Schokolade, aber mich erinnert die Vorweihnachtszeit immer an Lebkuchen. Großmutters Lebkuchen! Aufgewachsen in einer Zeit, in der das Wirtschaftswunder zwar bereits angekurbelt, man aber von einer Wegwerfgesellschaft noch weit entfernt war, waren Lebkuchen damals durchaus noch etwas Besonderes. Meine Großmutter buk, meiner Meinung nach, die besten Lebkuchen weit und breit! Ich liebte meine Großmutter über alles, und nicht nur wegen der Lebkuchen! Wenn ich bei ihr übernachten durfte, und das durfte ich vor allem in der Vorweihnachtszeit öfters, war ich das glücklichste kleine Mädchen, das man sich vorstellen kann. Und das hing eben mit diesen Lebkuchen zusammen. Eines Tages hatte ich nämlich unter Großmutters Bett eine Schachtel entdeckt, in deren Inneren dicht an dicht mit Schokolade überzogene und mit jeweils fünf Mandeln verzierte Lebkuchen schlummerten. Ach wie köstlich schmeckten diese stibitzten Lebkuchen! Nie sprach mich Großmutter darauf an, obwohl sie gemerkt haben musste, dass sich der Inhalt der Schachtel immer dann verringerte, wenn die kleine Enkelin da gewesen war. Gekaufte Lebkuchen hatten da keine Chance! – Na ja, nicht jeder mag Lebkuchen. Also doch lieber einen Weihnachtsmann aus Schokolade? Die Süßwarenindustrie wird sich freuen und wer als Weihnachtsmann oder Nikolaus verspeist wird, kann schon nicht mehr als Osterhase auf den Tisch kommen.