Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Kein Wunschprogramm der Feuerwehr“
Nach langer Planung bekommt Neukircher Wehr ein neues Fahrzeug – Kosten: 360 000 Euro
NEUKIRCH - Im Dezember hat der Gemeinderat der Anschaffung eines neuen Feuerwehrfahrzeugs zugestimmt. Mit insgesamt 360 000 Euro und einem Eigenanteil von 270 000 Euro ist es für die Kommune eine große Investition. Joachim Schmid, stellvertretender Kommandant der Neukircher Wehr, berichtet im Interview mit Redakteurin Anja Reichert über die Notwendigkeit der Anschaffung, über Herausforderungen und Einschränkungen.
Herr Schmid, die Neukircher Wehr wird ein sogenanntes Hilfeleistungslöschfahrzeug (HLF) bekommen. Warum braucht es dieses Fahrzeug?
Das neue Hilfeleistungslöschfahrzeug HLF 10 ersetzt das TSF (Tragkraftspritzenfahrzeug). An dem in die Jahre gekommenen TSF, Baujahr 1994, nagt der Zahn der Zeit – bezüglich sehr starker Korrosion. Auch technische Ausstattungen sind dementsprechend veraltet. Beim bestehenden Löschgruppenfahrzeug LF 16, ebenfalls Baujahr 1994, das als erstes Fahrzeug im Einsatz ausrückt, ist der technische Hilfeleistungssatz komplett veraltet. Somit hätte dieser Hilfeleistungssatz – unter anderem mit Rettungsschere, Rettungszylinder und Spreizer – ohnehin kurzfristig ersatzbeschafft werden müssen. Also kamen wir zur Überlegung, ob wir die technische Ausrüstung vom bestehenden LF 16 auch gleich in das neue HLF 10 reinpacken, um hier der Gemeinde nachhaltig Kosten zu sparen. Natürlich ist dies kein Wunschprogramm der Feuerwehr Neukirch. Es gibt einen Feuerwehrbedarfsplan, der in regelmäßigen Abständen von der Gemeindeverwaltung – als Träger der Freiwilligen Feuerwehr – aktualisiert wird. In diesem Bedarfsplan wird unter anderem der BeEmpfang stand des bestehenden Fuhrparks beleuchtet und eine Empfehlung beim Kauf von Ersatzfahrzeugen als ideale Ergänzung ausgesprochen. Mit dem neuen HLF 10 ersetzen wir quasi eineinhalb Fahrzeuge und sind wieder sehr gut und schlagkräftig für zukünftige Einsätze aufgestellt.
Wann wird das neue Fahrzeug zur Verfügung stehen?
Planungsbeginn für das neue HLF war 2015. Nun sind noch diverse Besprechungen sowie Rohbauabnahmen mit dem Aufbauhersteller notwendig. Aber ich denke, wenn alles glatt läuft, bekommen wir das neue Löschfahrzeug Ende diesen Jahres noch unter den Christbaum gestellt – zwar ohne Kugeln, dafür aber mit blauen LED-Lichtern…
Ist der bestehende Fuhrpark überaltert?
Nein, glücklicherweise nicht. Gemeindeverwaltung und Führung der Feuerwehr Neukirch sorgen dafür, dass die Technik ständig aktualisiert wird. Neben dem nun zu ersetzenden alten TSF haben wir das Löschgruppenfahrzeug LF 16, das bis auf den genannten technischen Hilfeleistungssatz in einem ordentlichen Zustand ist und seinen Dienst noch circa fünf Jahre macht. 2013 konnten wir zudem einen neuen Mannschaftstransportwagen (MTW) in nehmen. Diese Investition wurde in interkommunaler Zusammenarbeit mit der Stadt Tettnang und der Gemeinde Kressbronn ausgeschrieben und beschafft. Im selben Jahr konnten wir den eigens ausgeschriebenen Gerätewagen-Transport (GW-T) in den Fuhrpark aufnehmen. Somit haben wir einen doch recht jungen Fuhrpark im Neukircher Gerätehaus.
Sie haben sich im Vorfeld intensiv mit Fahrgestellen und Ausbauvarianten auseinandergesetzt. Wie lange brauchten Sie für diese „Vorarbeiten“?
Ich denke von den ersten Besichtigungen von vergleichbaren Fahrzeugen über die Erstellung der recht aufwendigen Leistungsbeschreibung, diversen internen Feuerwehr-Sitzungen, Erstellung und Begleitung der EU-Ausschreibung, Auswertung der eingegangenen Angebote, bis hin zur Vorstellung beim Gemeinderat spreche ich hier von gut und gerne 150 Stunden.
Wo liegen bei der Suche nach solch einem Fahrzeug die Schwierigkeiten und Herausforderungen?
Da wir uns weit über dem sogenannten EU-Schwellenwert in Höhe von 209 000 Euro bewegten, waren wir verpflichtet, eine EU-weite Ausschreibung zu machen. Heißt: In der Leistungsbeschreibung als Hauptbestandteil der Ausschreibung dürfen keine produktspezifischen Eigenschaften aufgeführt sein, damit (fast) jeder Fahrgestell- und Feuerwehraufbauer die Ausschreibung bedienen kann. Eine weitere Herausforderung stellte uns die DIN-Vorschrift, bei welchem das Löschfahrzeug inklusive Beladung und Mannschaft das zulässige Gesamtgewicht von 13 Tonnen nicht überschreiten darf. Natürlich auch die Kompatibilität der Gerätschaften mit unseren Nachbarwehren mussten geprüft und entsprechend angepasst ausgeschrieben werden, um bei einem gemeinsamen überörtlichen Einsatz die volle Austauschbarkeit gewährleisten zu können.
Ist das Fahrzeug eigentlich komplett neu?
Ja, das HLF 10 wird brandneu sein. Das Allrad-Fahrgestell entspricht den derzeitigen Umweltabgasnormen. Auch der feuerwehrtechnische Aufbau entspricht den gegenwärtigen, örtlichen Anforderungen und kann sogar durch die Möglichkeit von verstellbaren Geräteinnenräumen auch zukünftig ohne größeren Aufwand auf einem aktuellen Stand gehalten werden. Bestehende Geräte wie Funk oder die kürzlich beschaffte Wärmebildkamera werden vom bisherigen Fahrzeug übernommen, sodass auch hier wieder ein gewisser Kostenrahmen eingespart werden konnte.