Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Es sage keiner...
Wirklich gern quert sie wohl keiner – die Kuppe am Bahnübergang in Kehlen ist Autofahrern ein Graus. Das war sie schon vor jenem 3. August 2015, als die Menschen nahe dem Gleis mit dem Schrecken davonkamen: Ein Laster blieb damals am Übergang hängen. Wäre der ICE nicht kurz zuvor, sondern danach herangerast, die Folgen wären nicht vorstellbar gewesen. Dass dem nicht so war – dafür dürfen sicher heute noch die Zuginsassen, die Kunden der Bäckerei und Gaststätte und die Bewohner der Asylunterkunft dankbar sein.
Sie alle zu benennen, muss an dieser Stelle sein. Denn weiterhin gibt es sie, die Zuginsassen, Kunden der Bäckerei und Gaststätte und Bewohner der Asylunterkunft, deren Schicksale sich an Kehlens Kuppe kreuzen – wenn erneut ein Lkw festhängt. Die Wahrscheinlichkeit ist zwar durch eine „Sofortmaßnahme“geringer geworden, aber in Anbetracht von Menschenleben mit Wahrscheinlichkeiten zu rechnen – das wäre zynisch.
Nicht unterschlagen werden soll, dass es ein Durchfahrtsverbot für Laster mit weniger als 20 Zentimetern Bodenfreiheit gibt. Nur: Eine Vielzahl an Lkw nimmt täglich den kurzen Weg durch Kehlen. Ob hier jeder die 20 Zentimeter Bodenfreiheit geprüft hat, darf zumindest hinterfragt sein.
Abhilfe schafft nur die Schleppkurve. Von der Bahn wurde gleich 2015 ein Antrag eingereicht, den das Eisenbahn-Bundesamt schon nach Wochen ablehnte. Dann dauerte es bis 2017 zum neuen Antrag. Und jetzt dauert es wieder bis zur Genehmigung. Und sollte die zu spät ergehen, dann sind die Bahnplanungen für 2019 schon festgezurrt. Dann wird es 2020 – und bis dahin kreuzen sich weiter Schicksale an Kehlens Kuppe. Es sage keiner, er hätte es nicht gewusst.