Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Umwelthilfe bringt den Stein ins Rollen
Deutschland droht wegen Nichteinhaltung der Grenzwerte eine EuGH-Klage
LEIPZIG (AFP) - Am Anfang standen Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) in einer Reihe von Städten. Sie will erreichen, dass die Pläne zur Luftreinhaltung dort so geändert werden, dass die Grenzwerte für Stickstoffdioxid eingehalten werden. Die Verwaltungsgerichte in Stuttgart und Düsseldorf hatten geurteilt, dass dafür auch Fahrverbote in Betracht gezogen werden müssen. Die Länder wiederum sehen sich dafür rechtlich nicht zuständig und baten die Richter in Leipzig um Klärung. Das Gesetz ermächtige nur die Bundesregierung, nicht aber die Landesregierungen zum Handeln, sagten die Anwälte der Länder. Es drohe ein Flickenteppich, wenn jedes Land eigene Regeln erlasse.
Die DUH hielt dagegen: Der Bund sei zwar ermächtigt, aber nicht verpflichtet zum Handeln, sagte Anwalt Remo Klinger. Viel wichtiger sei, dass die seit 2010 geltenden Grenzen für Stickstoffdioxid noch immer nicht eingehalten werden. „Wir haben bei den Grenzwerten eine Ergebnisverpflichtung“, sagte Klinger mit Blick auf die Vorgaben seitens der EU. Das Argument, es fehle das nötige Verkehrszeichen, würde beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) wohl „Kopfschütteln“auslösen.
Die Richtlinie der EU zur Luftreinhaltung verpflichtet die Mitgliedstaaten, Maßnahmen zur Einhaltung der Grenzwerte zu ergreifen. Deutschland droht wegen der Nichteinhaltung eine Klage vor dem EuGH. Um das abzuwenden, hatte die Bundesregierung erst kürzlich eine Reihe möglicher Maßnahmen nach Brüssel gemeldet – darunter einen Testlauf für einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr. Die Einführung einer blauen Plakette für schadstoffarme Dieselautos lehnt sie ab.
Ausführlich diskutiert wurde vor Gericht am Donnerstag auch die Frage der Verhältnismäßigkeit. Die Städte verwiesen auf das Recht auf Eigentum – und sehen ein mögliches Verbot nur bei Entschädigungen oder einer Übergangsfrist für neuere Diesel als möglich an. Das Urteil aus Stuttgart sei „holzschnittartig“, sagte einer der Anwälte. DUH-Anwalt Klinger pochte hingegen auf den Gesundheitsschutz jedes Bürgers.