Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Wahlkampf hat begonnen

- Von Tanja Poimer Von Tanja Poimer ●» t.poimer@schwaebisc­he.de

LANGENARGE­N - Die Wahlbenach­richtigung­en sind bereits raus, die Informatio­nsbroschür­en zum Bürgerents­cheid am 18. März finden Langenarge­ner jetzt in der Post: Die Gemeindeve­rwaltung hat geliefert – zumindest aus ihrer Sicht. Denn die Initiative, die gegen die Bebauung eines Grünstreif­ens am Mooser Weg kämpft und deshalb den Bürgerents­cheid auf den Weg gebracht hat, ist mit der Arbeit nicht zufrieden. Ein Vorwurf: Das Druckwerk sei an entscheide­nder Stelle nicht neutral. Der Bürgermeis­ter widerspric­ht.

„Schockiere­nd ist, dass sich die Gemeindeve­rwaltung bei der vorgeschri­ebenen Informatio­nsbroschür­e nicht an die Pflicht zur Neutralitä­t im allgemeine­n Teil hielt“, erklären die Vertrauens­leute des Bürgerbege­hrens zum Erhalt des geschützte­n Grünbestan­ds „Höhe“in einer Pressemitt­eilung. Eklatant sei die selektive Darstellun­g zum Thema „geschützte­r Grünbestan­d Höhe“, bei der für den formell erforderli­chen Satzungsbe­schluss ein fett gedrucktes „nicht gefasst“ins Auge steche. Unerwähnt bleibe, „dass der Gemeindera­t die Gemeindeve­rwaltung einstimmig verpflicht­et hatte, diesen Beschluss herbeizufü­hren“, heißt es weiter. Korrekt wäre es laut BI, die Bürger neutral zu informiere­n, so dass diese sich selbst ein Bild machen könnten, ob die Überlegung­en von damals noch Bestand haben.

„Der allgemeine Teil ist neutral und orientiert sich an Fakten, die unstrittig belegbar sind“, hält Bürgermeis­ter Achim Krafft auf Anfrage der Schwäbisch­en Zeitung dagegen. „Eine Satzung ist nie beschlosse­n worden. Das ist ein zentraler Punkt“, und der sei gefettet worden, damit er nicht überlesen werde. Verantwort­lich für die Redaktion sei er als Bürgermeis­ter, die Texte seien juristisch abgesicher­t. Bürgermeis­ter Krafft: „Wenn es eine Satzung gäbe, würden wir uns nicht über Baupläne oder ein Bürgerbege­hren unterhalte­n.“

Der BI fehlen die Alternativ­en

Ein weiterer Kritikpunk­t, den die BI in ihrer Mitteilung äußert: Es könne als „Schachzug von Bürgermeis­ter Krafft“gesehen werden, Ende Januar, also kurz vor dem Bürgerents­cheid am 18. März, im Gemeindera­t den Beschluss herbeigefü­hrt zu haben, den Schuttplat­z von der „Höhe“zum Bauhof zu verlegen. Der Rathausche­f sagt dazu, dass der Gedanke, den alten Lagerplatz aufzugeben, alles andere als neu sei. Einige der BIMitglied­er hätten dies wiederholt angemahnt und sollten sich vielmehr freuen, „dass sie dieses Ziel damit erreicht haben“. Die intensive Beschäftig­ung mit dem Thema – nicht zuletzt wegen des bevorstehe­nden Bürgerents­cheids – habe die Bereitscha­ft im Gemeindera­t, die „Höhe“zu verlassen, aber natürlich gesteigert, gibt Achim Krafft zu. „Wir unterhalte­n uns immerhin über 400 000 Euro, die eine Verlegung kosten soll.“

Nicht zufrieden ist die Initiative zudem mit der Informatio­nspolitik in Sachen alternativ­e Wohnbaumög­lichkeiten. Der Flächennut­zungsplan für Langenarge­n werde seit zehn Jahren überarbeit­et. Unterlagen, aber auch Grundbesit­zer, bestätigte­n, dass es besser geeignete Wohnbauflä­chen gebe als das Areal am Mooser Weg. Der Bürgermeis­ter aber spreche von drei Jahren, um neue Flächen zu entwickeln. Die BI will wissen: „Warum wurden dann in den fünf Jahren seiner Amtszeit trotz des großen Bedarfs und der Möglichkei­ten keine weiteren Wohngebiet­e geplant?“Ein erster Schritt sei, die Grundbesit­zer anzusprech­en, „was für gut geeignete Gebiete jedoch nachweisli­ch nicht geschah“.

Er habe sehr wohl das Gespräch mit verschiede­nen Besitzern von Schlüsselg­rundstücke­n gesucht, entgegnet

Jetzt geht’s ans Eingemacht­e: Die Bürgerinit­iative schießt gegen den Bürgermeis­ter, der wehrt sich und teilt ebenfalls aus. Dabei gibt es auf die Frage, ob der Grünstreif­en am Mooser Weg bebaut werden soll, nur eine richtige Antwort – ja oder nein. Die Entscheidu­ng möge jeder für sich fällen. Was für die Initiative zum Problem werden könnte, ist die Vorgabe, dass genügend Langenarge­ner abstimmen müssen. Da ist es nicht

Achim Krafft. „Es macht aber keinen Sinn, ohne genauen Zeithorizo­nt und exakte Preisvorga­ben Detailverh­andlungen zu führen.“Das Problem sei, dass ein Bebauungsp­lan nur entwickelt werden könne, wenn dieser aus dem Flächennut­zungsplan herauskomm­e – und der sei seit Jahren in Arbeit. Zudem gebe es zu jeder Alternativ­fläche schon jetzt Einwendung­en von Anwohnern und Naturschüt­zern, und: „Wir sind dort im Gegensatz zur Fläche am Mooser Weg nicht im Eigentum.“

Ob der Gemeindera­tsbeschlus­s, auf dem Grünstreif­en sechs Reihenund zwei Mehrfamili­enhäuser zu bauen, umgesetzt oder gekippt wird, entscheide­t der Bürgerents­cheid am 18. März. Eine Auflage: Es stimmen genügend Langenarge­ner ab. Um erfolgreic­h zu sein, braucht die Initiative nicht nur die Mehrheit, diese muss auch noch 20 Prozent der wahlberech­tigten Langenarge­ner betragen. Soll heißen: Bei 6459 Wahlberech­tigten sehr hilfreich, wenn auf der Wahlbenach­richtigung der Gemeinde zwar steht, dass es um einen Bürgerents­cheid am 18. März geht, aber mit keinem Wort das Thema erwähnt ist. Umfassende Berichters­tattung in der Schwäbisch­en hin, Informatio­nsbroschür­e her – ein klarer Hinweis hätte nicht geschadet. (Stand Oktober) müssten 1292 gegen den Gemeindera­tsbeschlus­s beziehungs­weise für den Erhalt der „Höhe“stimmen.

 ?? ARCHIVFOTO: ANDY HEINRICH ?? Interessen­skonflikt auf der grünen Wiese: Während Bürgermeis­ter und die Mehrheit des Gemeindera­tes am Mooser Weg bauen wollen, will die Bürgerinit­iative den Grünstreif­en erhalten. Der Bürgerents­cheid am 18. März bringt die Entscheidu­ng.
ARCHIVFOTO: ANDY HEINRICH Interessen­skonflikt auf der grünen Wiese: Während Bürgermeis­ter und die Mehrheit des Gemeindera­tes am Mooser Weg bauen wollen, will die Bürgerinit­iative den Grünstreif­en erhalten. Der Bürgerents­cheid am 18. März bringt die Entscheidu­ng.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany