Schwäbische Zeitung (Tettnang)
190 Jahre bewegter Chorgesang
Liederkranz lädt zum Jubiläumskonzert – Ein Blick auf die Geschichte des Vereins
TETTNANG - 1828 gegründet, zählt der Liederkranz zu den ältesten Vereinen der Stadt Tettnang. Drei Kriege hat der Verein überdauert, stellt sich seit 190 Jahren den Herausforderungen veränderter Zeiten und formt seitdem das kulturelle Leben der Stadt. Sein Jubiläum feiert der Verein im April.
Vierzig aktive Mitglieder zählt der Verein heute, der seit Jahrzehnten Singen und Geselligkeit vereint. Nachwuchssorgen gibt es auch hier. „Auch wir machen uns Sorgen und überlegen uns, wo die Reise hingeht“, gibt Manfred Weißenrieder, Vorsitzender des Vereins, zu. „Andererseits, wenn man die Geschichte liest – es war immer ein Auf und Ab. Minimal war der Chor mal mit sieben Sängern unterwegs – und hat sich gehalten.“
Der Verein prägt die Kultur
Es ist eine wechselvolle Geschichte, die Weißenrieder anspricht: Nach Napoleons Fremdherrschaft entsteht im Königreich Württemberg eine Männerchorbewegung, um den Drang und den Wunsch nach Freiheit zu stillen. Auch in Tettnang habe es diese Bewegung gegeben, heißt es in der Chronik des Vereins. 1828 entsteht aus dem Museumsverein der Liederkranz Tettnang, in dem sich Männer zum gemeinsamen Singen zusammenschlossen.
„Die ersten Auftritte fanden an Silvester und zu Fasnachtszeit statt, wobei zu sagen ist, dass die Maskenbälle von Anfang an fest ins Programm des „Liederkranz“eingefügt waren und mit besonderer Liebe gepflegt wurden“, ist in einer Jubiläumsfestschrift zu lesen. Immer häufiger tritt der Verein mit Konzerten und Auftritten in die Öffentlichkeit, prägt damit die Stadt Tettnang und erlebt einen Aufwärtstrend und Mitgliederzuwachs. Doch die Kriegsjahre um 1864 stürzen den Verein in eine Krise, die Zahl der Sänger geht zurück. Nach dem Krieg erlebt der Gesangsverein schließlich wieder einen Aufschwung. Doch ein Kulturkampf, der Streit zwischen Katholiken und Protestanten, entzweit kurze Zeit später den Verein. Nach dem Ende des Zwists erlebt der Verein dann erneut einen Aufwärtstrend, dem der erste Weltkrieg ein jähes Ende bereitet. Erst 1920 tritt der Verein wieder auf. In den Folgejahren verzeichnet der Verein Erfolge, feiert sein 100. Jubiläum und muss wieder ein „Ab“erleben: 1940 werden die Probenstunden eingestellt, da viele der Aktiven zum Militär eingezogen werden.
1946 lädt der Gesangsverein wieder zum Konzert. 1956 erhält der Liederkranz die Zelter-Plakette, eine staatliche Auszeichnung, für seine Verdienste um Chorgesang und Volkslied, heißt es in der Festschrift anlässlich des 150. Bestehens. Bürgermeister Rudolf Gnädinger sagte damals in seiner Ansprache „Tettnang ist stolz auf die Leistungen des Liederkranz“. Doch die Auszeichnung verschont nicht vor den Alltagssorgen der gelichteten Sängerreihen: 1959 beschließt der Männerchor dann auch den Damenchor ordnungsgemäß anzugliedern.
Vom Ende zum Neubeginn
1981 wird der Sängerball in die Stadthalle verlagert: Die Liederkranzbälle werden zu farbenprächtigen Bühnenshows. Monika Strein, stellvertretende Vorsitzende, erinnert sich an ein Jahr, als das Motto eine Reise nach Italien war, ein Fiat 500 auf der Bühne – ein Bühnenbild das wie in vorausgegangenen und nachfolgenden Jahren den Gesang unterstrich. Sabine Kees, ehemalige Vorsitzende, spricht von „Karneval in Rio“, der laut Festschrift Auftakt für Bühnenshows, die für ein volles Haus sorgten. Doch rund zehn Jahre später beginnt „die Attraktivität der Liederkranz-Sängerbälle, wie erwähnt, immerhin die traditionsreichste Veranstaltung des zweitältesten Vereins der Stadt, [...] mehr und mehr zu kränkeln.“Unter anderem ein Überangebot an Bällen trägt seinen Teil dazu bei, der Sängerball wird zum Hausball.
Und trotz des Endes der Tradition bleibt der Liederkranz in der Öffentlichkeit präsent: Mit Auftritten, Konzerten und Aktivitäten beim Bähnlesfest und Hopfenwandertag, Kooperationen mit Schulen, anderen Chören und Gruppierungen bleibt der Liederkranz bis heute Bestandteil des kulturellen Lebens – es scheint seit Jahrzehnten ein Anspruch, dem die Sänger und Vorstanschaft gerecht werden wollen – bis heute: „Es kommen immer wieder neue Ideen. Wir werfen die Flinte nicht ins Korn“, sagt Weißenrieder und spricht damit wiederum auch die Nachwuchssorge an, die berechtigt sei, aber nicht zu hoch angesetzt werden dürfe.
„Das Schwierige muss man irgendwie meistern und das gibt dann auch den Zusammenhalt und die Motivation, damit man sich aufrafft, weiterzumachen“, ergänzt Sabine Kees. Seit 190 Jahren macht der Liederkranz schon „weiter“. Ein Grund zum Feiern: Am 21. April laden die Sänger zum Konzert „Thank you for the music“, überraschen mit zwei Programmteilen, einem ersten der den Schwerpunkt auf Popsongs legt und einem zweiten Teil, der Wiener Melodien verschrieben ist. Samstag, 21. April, um 19 Uhr Gemeindezentrum St. Gallus in Tettnang. Leiten wird den Chor Andrea Kiraly, Pianist David Pallet und das Kammerorchester Tettnang werden den Liederkranz begleiten. Zwei Chöre, die „Gäng“und der Männerchor Kau, werden am Konzert mitwirken.
Karten kosten im Vorverkauf zehn Euro (Bürofachgeschäft Schülling), an der Abendkasse zwölf Euro. Mehr Infos im Internet unter
www.liederkranz-tettnang.de