Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Es gibt keine Kurzzeitpflegeplätze mehr
Seniorenheim Hege spürt Aufnahmestopp in Lindauer Pflegeheimen
WASSERBURG - Wer dringend einen Platz für die Kurzzeitpflege braucht, hat ein großes Problem. Denn derzeit bietet keine Klinik in Lindau Kurzzeitpflege an. Und das, obwohl nach einem Kreistagsbeschluss acht Betten speziell für die Kurzzeitpflege bereitstehen müssten. Das Landratsamt reagiert überrascht auf diese Nachricht.
„Wir haben derzeit statt wie sonst drei oder vier eher 20 bis 30 Angehörige in der Woche, die hier im Büro sitzen und weinen, weil sie sofort einen Platz für die Kurzzeitpflege brauchen“, sagt der Geschäftsleiter des Seniorenheims Hege, Christoph Brinz. Denn momentan gebe es keine Kurzzeitpflege in Lindau. Der Grund sei ein Aufnahmestopp des einzigen Anbieters.
„Uns haben viele verzweifelte Anrufe erreicht“, bestätigt Heimleiter Klaus Höhne. Doch das Seniorenund Pflegeheim Reutin und das Hospital Lindau dürfen zur Zeit keine Pflegebedürftigen aufnehmen. Dabei wäre Raum da: „Das ärgert mich besonders, eigentlich haben wir genug Betten und genug Personal, nur die Examina fehlen.“Nach dem Gesetz dürfe er den Aufnahmestopp erst dann aufheben, wenn die Hälfte der Mitarbeiter ein Examen vorweisen kann. Um diese Quote zu erfüllen, würden 1,5 Stellen fehlen, die von Mitarbeitern mit diesem qualifizierten Abschluss besetzt sind.
Einige Anerkennungsverfahren der Abschlüsse ausländischer Mitarbeiter würden derzeit laufen. „Wenn wir Glück haben, sind die nötigen Anerkennungen bis April durch“, sagt Höhne. Es sei aber auch möglich, dass die Verfahren länger bräuchten. „Wir suchen händeringend examiniertes Personal“, sagt Höhne. Überhaupt Personal zu finden sei wegen der Konkurrenz durch den schweizerischen und österreichischen Arbeitsmarkt sowie wegen des teuren Wohnungsmarkts in Lindau besonders schwierig. Höhne schlägt vor, die 50-Prozent-Regelung zu lockern. Auch ohne diese Hürde sei eine gute Pflege möglich.
Drei Betten seien derzeit mit Kurzeitpflegepatienten belegt. Nach einem Beschluss des Kreistags müssten aber acht Betten ständig zur Verfügung stehen. In einem Vertrag haben Asklepios-Klinik und die Heime festgehalten, dass das Seniorenheim Reutin und das Hospital Lindau diese Aufgabe übernehmen. Doch Höhne muss sich den gesetzlichen Vorgaben beugen. Die Plätze zur Kurzzeitpflege gibt es damit im Moment nicht.
Im Landratsamt war das nicht bekannt: „Der Landkreis wird sich weiterhin bemühen, ein bedarfsgerechtes Kurzzeitpflegeangebot sicherzustellen“, teilt Pressesprecherin Sibylle Ehreiser mit. Dazu werde das vom Kreistag beschlossene Förderprogramm genutzt. Nach den Angaben Ehreisers wurden dafür im Haushalt dieses Jahres 65 000 Euro bereitgestellt. Im kommenden Jahr seien 160 000 Euro geplant.
„Das Landratsamt ist nicht das Problem“sagt Höhne. Dort werde alles getan, um die Kurzzeitpflege zu unterstützen. Da viel zu wenig Heime Kurzzeitpflege anbieten würden, unterstütze das Landratsamt die Kurzzeitpflege mit einem Obolus pro Tag für die Mehrarbeit. Pro freigehaltenes Bett für die Kurzzeitpflege bekämen die Heime außerdem 3500 Euro im Jahr.
Höhne wünscht sich ein Umdenken in der Bundespolitik. In etwa sieben oder acht Jahren gehe ein Drittel seiner Belegschaft in Rente. „Wie soll man das noch auffangen?“, stöhnt Höhne. Ein Modellprojekt mit gelockerter Examina-Quote könne er sich in seinen Heimen gut vorstellen.