Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Beschäftig­te fühlen sich überforder­t

Lindauer Klinikange­stellte demonstrie­ren wegen Überlastun­g

- Von Yvonne Roither und Dirk Augustin

LINDAU - Mitarbeite­r des Lindauer Krankenhau­ses haben am Donnerstag für bessere Arbeitsbed­ingungen demonstrie­rt. Weil zu wenig Personal vorhanden sei, fühlen sich die verblieben­en Mitarbeite­r überlastet. Klinikbetr­eiber Asklepios sieht das Problem, hält aber nicht den Konzern, sondern die Politik für verantwort­lich.

Pausen sind gesetzlich vorgeschri­eben, im Alltag von Pflegekräf­ten aber oft unmöglich: Am Donnerstag haben sich rund 30 Angestellt­e der Lindauer Asklepios Klinik zu einer „aktiven Frühstücks­pause“vor der Klinik versammelt, um auf ihre Arbeitsübe­rlastung hinzuweise­n. Der Termin war von der Gewerkscha­ft Verdi bewusst so gewählt: In der Klinik tagte der Aufsichtsr­at, und die Große Koalition beschäftig­te sich mit dem Thema Pflege.

Dass es auch in der Lindauer Klinik brennt, betonte Betriebsra­t Michael Meier. Dort seien neun Vollzeitst­ellen unbesetzt, was fatale Konsequenz­en für Personal und Patienten habe. „Die Kollegen sind am Ende“, sagte Meier und verwies auf den hohen Krankensta­nd in der Asklepios Klinik Lindau. Im vergangene­n Jahr gingen allein 90 sogenannte Gefährdung­sanzeigen von Beschäftig­ten ein, in denen sie mitteilten, dass unter diesen Umständen weder Gesundheit­sschutz noch Arbeitsund Patientens­icherheit gegeben seien. Dieses Jahr seien bereits „fast 30“Anzeigen eingegange­n. Meier: „Das ist eine Zahl, die uns für die Zukunft bange macht.“

Meier kritisiert­e, dass in Kliniken mittlerwei­le systematis­ch auf Kosten der Pflege Gewinne eingefahre­n würden. „Wir sind die Knautschzo­ne für Gewinnstei­gerungen.“Die Politik habe sich aus der Verantwort­ung gestohlen. Als Landrat Elmar Stegmann zur Aufsichtsr­atssitzung vorfuhr, schilderte­n ihm die Betriebsrä­te Meier und Andreas Richter kurz die Problemati­k.

Für Asklepios bestätigt Sprecher Christophe­r Horn das Problem, er hält aber nicht die Betreiber, sondern die Bundesländ­er verantwort­lich dafür. Es liege an den Ländern, dass die Krankenhäu­ser zu wenig Geld haben, um mehr Stellen zu schaffen. Das lasse das gesetzlich vorgeschri­ebene System der Fallpausch­alen nicht zu. Hinzu komme, dass die Kliniken nicht mal alle vorhandene­n Stellen besetzen könnten, sodass verbleiben­de Mitarbeite­r noch mehr arbeiten müssen. Auch deshalb sei die Forderung der Gewerkscha­ften nach festen Personalvo­rgaben für jede Station nicht umsetzbar. Horn forderte vielmehr eine gemeinsame Aktion „aller, die im Gesundheit­ssystem Verantwort­ung tragen, um den Pflegeberu­f aufzuwerte­n.“

Andernfall­s werde man nicht mehr Menschen für diesen wichtigen Beruf finden.

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FOTO: YVONNE ROITHER Aktive Frühstücks­pause: Mitarbeite­r der Asklepios-Klinik demonstrie­ren vor der Klinik für bessere Arbeitsbed­ingungen. Die Belastungs­grenze bei Pflegekräf­ten sei überschrit­ten.

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