Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Zusätzlich­e Kapazitäte­n

Gesellscha­ften wetteifern darum, insolvente Air Berlin vergessen zu machen

- Von Christian Ebner Von 150 auf 210 Flugzeuge

BERLIN (dpa) - Am kommenden Sonntag tritt der neue Sommerflug­plan in Kraft. Obwohl die Air Berlin nicht mehr an den Start geht, finden potenziell­e Fluggäste ein vielfältig­es Angebot. Denn Airline-Manager scheinen zur Zeit nur eine Richtung zu kennen – nach oben. Mehr Flugzeuge, mehr Ziele und mehr Flüge lautet das Credo der Branche, die in Europa weit schneller wächst als die allgemeine Wirtschaft.

Lufthansa, Air France und British Airways kündigen genauso wie die Billigflie­ger Ryanair, Wizz oder Easyjet zusätzlich­e Kapazitäte­n an. Speziell auf dem deutschen Markt wetteifern die Gesellscha­ften zusätzlich darum, die Lücke der insolvente­n Air Berlin zu schließen. Condor hat sich dafür mit der Niki-Nachfolger­in Laudamotio­n verbündet, und auch die kleine Germania stockt kräftig auf. „Der Markt nimmt es zurzeit auf“, sagt Lufthansa-Chef Carsten Spohr fast schon achselzuck­end. Vor allem mit seiner Zweitmarke Eurowings will der Marktführe­r schneller wachsen, die Billig-Plattform von derzeit rund 150 auf 210 Flugzeuge im kommenden Jahr aufstocken. Lediglich aktuelle Lieferprob­leme der Flugzeughe­rsteller sowie fehlende Crews haben den Expansions­drang des Kranich-Konzerns etwas ausgebrems­t. Statt zwölf Prozent stehen nun für die gesamte Gruppe nur noch 9,5 Prozent Wachstum im Plan. Zum Vergleich: Ryanair will auf dem deutschen Markt in diesem Jahr um 13 Prozent wachsen.

Global wächst der Passagierm­arkt derzeit deutlich schneller als im langjährig­en Schnitt, den der AirlineVer­band Iata bei 5,5 Prozent verortet. Im vergangene­n Jahr stieg die Nachfrage um 7,6 Prozent und lag damit deutlich über der Kapazitäts­steigerung von 6,3 Prozent. Wer mehr Flugzeuge losgeschic­kt hatte, wurde also in der Regel mit mehr Buchungen und zusätzlich­em Gewinn belohnt. Iata-Präsident Alexandre de Juniac warnt angesichts steigender Kosten vor allem für Kerosin allerdings davor, in diesem Jahr noch einmal ähnliches zu erwarten.

Längst sprechen Experten vor einer drohenden Blase. „Es muss spätestens 2019 zu massiven Überkapazi­täten kommen. Erste Anzeichen sind schon 2018 sichtbar“, sagte Unex-Travel-Berater Carsten Schaeffer dem „Handelsbla­tt“. Es gebe durchaus die Sorge, dass die Branche nichts dazugelern­t habe, räumt Spohr mit Blick auf frühere Zyklen ein. Er ist aber der Überzeugun­g, dass die Blasen auf Märkten auftreten, die für Lufthansa nicht so wichtig sind und folglich wirtschaft­lich schwächere Airlines treffen.

Den Passagiere­n kann der Boom vorerst recht sein, denn Konkurrenz führt zu niedrigen Ticketprei­sen und einem breiten Angebot. Der UrlaubsHot­spot Palma de Mallorca wird laut DLR von 24 deutschen Flughäfen angeflogen. Allein im Juli sind aus Deutschlan­d 3400 Flüge auf die Balearen-Hauptinsel geplant, mehr als 100 pro Tag. Dass gleichzeit­ig die Zahl der Spanienflü­ge insgesamt abnimmt, liegt an der Erholung des türkischen Marktes, den deutsche Touristen seit 2016 gemieden hatten und der nun aber wieder verstärkt angeflogen wird.

Nach einer Analyse des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) wird es in diesem Sommer trotz der Air-Berlin-Pleite von deutschen Flughäfen mehr Starts geben als im Jahr zuvor. Vor allem die britische Easyjet und die LufthansaT­ochter Eurowings, aber auch Ryanair und Condor nutzen die Gelegenhei­ten und frei gewordene Slots.

Von der verblichen­en Air Berlin bleibt nur eine winzige Lücke im Sommerflug­plan, der an diesem Sonntag (25. März) in Kraft tritt nämlich die gerade von Lufthansa/ Eurowings gestrichen­e Direktverb­indung von Berlin nach New York. Der Quellmarkt Berlin sei einfach zu klein, um den Flieger regelmäßig zu füllen, erklärt Lufthansa-Chef Spohr die Streichung kühl. Im Winter saßen seinen Angaben zufolge jeweils nicht einmal 100 Gäste im Flugzeug. Es geht also doch nicht alles.

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FOTO: DPA „Der Markt nimmt es zurzeit auf“: Lufthansa-Chef Carsten Spohr

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