Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Bund der Steuerzahler sieht Schuld bei Stadt
Im April erscheint ein Artikel über das Ravensburger Denkmal in der Zeitschrift „Der Steuerzahler“
RAVENSBURG (vin) - Der Fall Eschersteg hat weiterhin gute Chancen, ins Schwarzbuch des „Bundes der Steuerzahler“zu kommen. Zumindest schafft er es in die AprilAusgabe der monatlich erscheinenden Zeitschrift „Der Steuerzahler“. Der Verein, der sich für eine sinnvolle Verwendung von Steuergeldern einsetzt und die Verschwendung derselben anprangert, hat umfangreiche Recherchen bei der Ravensburger Stadtverwaltung und dem Regierungspräsidium Tübingen durchgeführt.
Wie mehrfach berichtet, ficht die Stadt Ravensburg gerade einen Rechtsstreit mit dem Regierungspräsidium Tübingen (RP) aus. Sie hat beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage gegen einen Bescheid des RP eingelegt, weil sie nicht damit einverstanden ist, dass der frühere Fußgängerüberweg in der Landesdenkmalliste bleibt und saniert werden muss. Die unterschiedlichen Positionen von RP und Stadt werden in den Stellungnahmen gut deutlich.
Die Position des RP: Der 1908 errichtete Eschersteg sei ein „technikgeschichtliches Zeugnis aus der Zeit des Ausbaus des Eisenbahnnetzes vor dem Ersten Weltkrieg. Stahlfachwerkbrücken dieser Art sind außerordentlich selten geworden.“Es handele sich um den längsten Fußgängersteg im Regierungsbezirk Tübingen. „An seiner Erhaltung besteht insbesondere wegen seines dokumentarischen und exemplarischen Wertes ein öffentliches Interesse.“Die Genehmigung zum Abbau sei 2005 nur mit der Auflage erfolgt, dass der Wiederaufbau innerhalb von fünf Jahren vonstattengehen müsse. Im Hinblick auf den sich verzögernden Ausbau der Südbahn sei das RP damit einverstanden gewesen, dass Sanierung und Wiederaufbau länger dauern würden. Es habe aber auf die Notwendigkeit einer sachgerechten Lagerung hingewiesen. „Der Steg und die Treppentürme haben seitdem jedoch gelitten, teilweise in erheblichem Ausmaß.“
Es sei nach wie vor möglich, das Denkmal zu sanieren, so das RP. Die nötigen Umbauten im Rahmen der Südbahn-Elektrifizierung seien nicht problematisch und in der Denkmalpflege durchaus üblich. Auf eine barrierefreie Ausführung des Escherstegs könne verzichtet werden, weil sich in der Nähe die behindertengerechte Bahnunterführung befinde. Allerdings lenkt das RP am Schluss des Schreibens an den Bund der Steuerzahler ein: Für Städte gelte wie auch für Privatleute eine „finanzielle Schmerzgrenze“in Sachen Denkmalschutz. „Eine solche Feststellung kann jedoch erst dann getroffen werden, wenn alle entscheidungserheblichen Faktoren auf dem Tisch liegen: Dies ist bislang nicht der Fall und zunächst eine Bringschuld der Stadt Ravensburg, der sie noch nicht im notwendigen Maße nachgekommen ist.“
Die Position der Stadt:
Bedingt durch jahrelangen mangelhaften Unterhalt sei der Eschersteg schon bei der Übernahme durch die Stadt von der Deutschen Bahn 1994 in einem sehr schlechten Zustand gewesen, insbesondere die Treppentürme. Anfang der 2000er-Jahre sei die Standsicherheit nicht mehr gewährleistet gewesen, weshalb sich die Stadt für die Demontage entschieden habe. Zunächst sei der Steg auf Holzpodesten, dann auf Betonsockeln gelagert worden. Eine Überdachung habe die Stadt nicht für nötig gehalten, weil sie „relativ teuer gewesen“wäre und es zweifelhaft erschienen sei, „ob ein Steg, der ja naturgemäß für die Verwendung im Freien konzipiert und konstruiert ist, nunmehr plötzlich überdacht werden muss“.
Die vielen baulichen Veränderungen, die wegen der Südbahn-Elektrifizierung notwendig seien, geben laut Stadt „Anlass zur Diskussion, ob der Wiederaufbau des Steges in einem vernünftigen Kosten-/Nutzungsverhältnis steht“. Die Stadt geht von Kosten in Höhe von zwei Millionen Euro aus. „In der Zielsetzung möchte die Stadt Ravensburg mit dem Regierungspräsidium eine einvernehmliche Lösung hinsichtlich des weiteren Vorgehens erzielen, dabei soll auch eine eventuell andere Nutzung der abgebauten Teile des Steges diskutiert werden.“
Der Bund der Steuerzahler
gewichtet in seinem Artikel, der der „Schwäbischen Zeitung“vorab vorliegt, alle Argumente, sieht die Schuld für die explodierten Kosten für den Wiederaufbau aber eher bei der Stadtverwaltung. „Bei einem bestehenden Bauwerk wäre vielleicht mehr Eifer gewesen, die dringend notwendige Sanierung anzugehen, als bei einem Haufen Stahl, der fernab des öffentlichen Blicks auf einem städtischen Betriebshof lagert“, so das Fazit.