Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Zwei Titel sind „auch schön“
Leverkusen will Heynckes' Triple-Traum im DFB-Pokal-Halbfinale ein Ende setzen
LEVERKUSEN (dpa/SID) - Die jungen Wilden von Bayer Leverkusen wollen Jupp Heynckes' Triple-Abschied in die Rente verhindern. „Es wäre schade für ihn. Aber darauf können wir keine Rücksicht nehmen“, sagte Bayer-Trainer Heiko Herrlich vor dem Halbfinale im DFB-Pokal am heutigen Dienstag (20.45 Uhr/ARD und Sky): „Champions League und Meister wäre ja auch ein schöner Erfolg.“
Leverkusen geht nach zwei 4:1Siegen gegen die Europacupkandidaten Leipzig und Frankfurt mit breiter Brust in das Duell mit dem RekordCupsieger und den am Saisonende scheidenden Heynckes. Der 72-Jährige hofft wie 2013 auf das Triple zum Abschied. „Wir werden Bayern einen großen Kampf bieten“, versprach Bayer-Sportchef Rudi Völler.
Doch auch Heynckes gibt sich optimistisch. Er will seinen letzten sieben Spielen als Trainer unbedingt noch das Pokal-Endspiel am 19. Mai und das Champions-League-Finale eine Woche später hinzufügen, bevor er auf seinen Hof am Niederrhein zurückkehrt. Und Heynckes sieht in seiner Mannschaft einen ähnlichen Geist wie beim historischen Dreifach-Triumph vor fünf Jahren: „Ich denke, dass das jetzige Team und der Kader auf einem ähnlichen Weg ist.“
Dass sein Team selbst nach großen Personalrochaden gegen Augsburg (4:1) oder Mönchengladbach (5:1) „absolut motiviert, fokussiert“sei, das sei „ungemein positiv“, bemerkte Heynckes. „Das stimmt mich optimistisch, dass wir unter Umständen Großes erreichen können.“
Berlin, sagte er, sei „für alle etwas Besonderes, jeder will da hin“. Im Wege stehe nur noch Leverkusen, das den Bayern im März 2009 die bislang letzte Auswärtsniederlage im Pokal zufügte. Bayer spiele „exzellent Fußball“, die Mannschaft sei „hoch begabt“, und Herrlich mache „einen Riesenjob“, sagte Heynckes, der Leverkusen für die kommende Saison sogar als Titelkandidaten sieht. In der Liga siegten die zum 28. Mal als Meister feststehenden Münchner zweimal mit 3:1 gegen Leverkusen, zuletzt Mitte Januar. Doch nun fühlen sich die Rheinländer besser gewappnet. „Wir haben uns in vielen Punkten weiterentwickelt“, betonte Herrlich. „Diesmal geht es um Leben und Sterben. Natürlich liegt keiner tot auf dem Platz, aber man stirbt sportlich. Und wir würden gerne noch ein paar Wochen weiterleben und zum Endspiel fahren.“Seinen Spielern habe er als zusätzliche Motivation von der Erfahrung seiner beiden Pokalsiege als Spieler 1993 mit Bayer und 1995 mit Mönchengladbach erzählt, berichtete der 46-Jährige: „Ein Pokalsieg ist ein bleibender Wert, ein Reichtum, der nix mit materiellen Dingen zu tun hat. Und eine Freude, die immer bleibt.“
Leckerbissen für Konsumenten
Seine junge Mannschaft um Kai Havertz (18), Panagiotis Retsos (19), Leon Bailey (20), Julian Brandt, Benjamin Henrichs (beide 21) und Jonathan Tah (22) – laut Herrlich zuletzt teilweise „eine ältere U19“– ist jedenfalls topmotiviert, Großes zu schaffen. Seit dem Cup-Sieg mit dem Stürmer Herrlich vor 25 Jahren hat der Verein keinen Titel mehr geholt, viele Profis von heute waren damals noch nicht geboren. Nationaltorhüter Bernd Leno war damals 14 Monate alt, nun wittert auch er eine große Chance. „Die Bayern sind gewarnt“, sagte er, fügte aber an: „Wir wissen, dass wir einen Sahnetag brauchen. Aber wir wissen auch, dass in einem Spiel alles möglich ist.“
Heynckes, der von 2009 bis 2011 erfolgreich in Leverkusen trainierte, freut sich auf ein Treffen zweier Teams, „die einen sehr gepflegten und attraktiven“Fußball spielen. Das werde daher sicher ein „Leckerbissen für Fußballkonsumenten“, freilich aber auch „eine sehr schwierige Aufgabe“– für die er zuletzt zahlreiche Stars in der Liga schonen konnte.