Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Bitte ein Eis – aber nur in der Waffel!
Es gibt im Leben Dinge, da kann, nein, da muss man einfach tolerant sein. Schwarz oder weiß? Stadt oder Land? Beatles oder Stones? Da gilt doch einfach: leben und leben lassen. Nein, da bleibe ich gelassen wie ein Buddha. Ommm. Aber es gibt eben auch Fragen großer Tragweite, da muss man Stellung beziehen. Dazu zählt ganz eindeutig die Waffelfrage in der Eisdiele. Frage? Bitte. Es ist doch gar keine Frage. Wenn man sich schon die Kugel geben will, dann bitte richtig. Natürlich schleckt man sein Eis in der Waffel, etwas anderes kommt doch gar nicht ins Tütchen?! Genial einfach, dieses „Cono gelato“, welches der pfiffige Italo Marchioni in New York im Jahre 1903 erfunden hat. Grazie, Signore.
Wie sonst sollte frau auf sommerlichem Beutezug mit drei Tüten und einem Handtäschchen auch noch Becherchen und Löffelchen stilsicher durch die Stadt manövrieren? Das ist denn doch ein bisschen viel Multitasking.
Außerdem, werte Plastiklöffler, ist die essbare Verpackung das einzig Wahre in Zeiten, in denen bereits genug Tonnen von alten Coffee-togo-Bechern und Plastikkram die Meere vermüllen, nicht wahr? Im Übrigen: Hörnchen oder Tütchen, Waffel oder Stanitzel (wie unsere österreichischen Nachbarn zu sagen pflegen), das kann jeder halten, wie er will. Da bin ich wieder absolut tolerant. ●» p.lawrenz@schwaebische.de
Fallen wir doch am besten gleich mit der Tür in die Eisdiele und stellen die heiß diskutierte Frage: Haben Sie heute schon gebechert? Nein, nein, nicht unbotmäßig dem Alkohol zugesprochen. Sondern das köstliche Kügelchen Vanille, Erdbeer oder Schokolade aus dem bunten Pappgefäß gelöffelt. Sie haben? Wunderbar, herzlichen Glückwunsch und willkommen in der Fraktion der eiskalten Waffelverweigerer, die sich auch auf rutschigem Parkett stets sicher und stilvoll zu bewegen wissen.
Natürlich ist das global relevante Problem nicht nur eine Sache des guten Geschmacks. Zwar sind wir in Ernährungsfragen normalerweise nicht ganz so schleckig, müssen aus gebotenem Anlass aber doch darauf hinweisen, dass so ein unscheinbar dahertropfendes Wäffelchen immerhin rund 65 Kalorien auf die Waage bringt – fast so viel wie eine weitere Vanillekugel! Das wollen wir dem geplagten Hosenbund nicht auch noch zumuten.
Außerdem – scusi, werte Waffelistas – ist der Anblick eines Eis schlotzenden Erwachsenen an Tollpatschigkeit kaum zu überbieten. Von klebrigen Fingern und hässlichen Flecken auf dem Lieblingshemd ganz zu schweigen. Es hat schon seinen Sinn, dass der zivilisierte Zeitgenosse mit dem Löffel aufgewachsen ist – und folglich keinen an der Waffel hat. ●» d.uhlenbruch@schwaebische.de
Besser einen in der Waffel als an der Waffel. Von Petra Lawrenz Der Löffel sichert stilvollen Auftritt auf rutschigem Parkett. Von Dirk Uhlenbruch