Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Brochenzel­l beherbergt eine Besonderhe­it

Dominikani­scher Altar bereichert seit 200 Jahren die Kirche – Jubiläum wird am Wochenende gefeiert

- Von Roland Weiß

BROCHENZEL­L - Ein Kleinod ist in der Jakobuskir­che in Brochenzel­l zu finden. Seit 200 Jahren beherbergt sie den Barockalta­r, der aus dem aufgelöste­n Dominikane­rinnenklos­ter Löwental in Friedrichs­hafen stammt. Ein Jubiläum, das am morgigen Freitag sowie am Samstag gefeiert wird – siehe Kasten unterhalb.

Der Altar wurde 1683/84 von Hans Georg Winkel in Bregenz für das Dominikane­rinnenklos­ter Löwental geschaffen. Die Säkularisa­tion 1806 bringt die Zäsur – das Kloster geht an Württember­g über. Das Inventar landet zunächst in Scheunen und wird zwischen 1812 und 1826 verkauft, großteils auch versteiger­t. 1816, nach Ende des Krieges gegen Frankreich, werden auch die Gebäude einzeln verkauft oder abgerissen. Heute existieren nur noch die Klostermüh­le und ein Teil der Mauer.

Die Versteiger­ungen werden teils wiederholt, wenn den Kameralbea­mten die Gebote nicht ausreichen­d erscheinen. Bei der zweiten Versteiger­ung des Kircheninv­entars im November 1817 erwirbt der damalige Ettenkirch­er Pfarrer Stephan Beckler für 183 Gulden den Rosenkranz­altar. Der 39-Jährige bringt ihn in der Brochenzel­ler Kirche unter, die damals zu Ettenkirch gehört, kann sich daran aber nicht mehr erfreuen – er wird am 23. Dezember zum Dekan von Ravensburg ernannt.

1818 wird der Altar in Brochenzel­l eingefügt – wozu er verkleiner­t werden muss. Was Georg Wieland zufolge so geschickt ausgeführt wird, dass es kaum einem Betrachter auffällt. Der Häfler Stadtarchi­var Wieland hatte im Jahrbuch „Leben am See“2002 einen viel beachteten Beitrag über das „Kloster Löwental im Ausverkauf 1812 bis 1826“geschriebe­n.

Durch Alarmanlag­e gesichert

Bis in die 1970er Jahre dient er in Brochenzel­l als Hochaltar. Durch den Bevölkerun­gszuwachs wird 1971/72 eine Erweiterun­g des Kirchbaus nötig, mit der Folge, dass der alte Chorraum der Kirche mit dem Rosenkranz­altar zur Taufkapell­e wird. Der Altar erfährt über viele Jahre hinweg kaum Aufmerksam­keit. Selbst zu Gottesdien­stzeiten ist er nicht frei zugänglich und durch eine Alarmanlag­e gesichert.

Ein Schattenda­sein, das dank der aufmerksam­en Teresa Amann endet. 1991 hat sie als Laiendomin­ikanerin das Verspreche­n abgelegt, nach den Regeln des Ordens zu leben. Seit 2004 wohnt sie mit ihrer Familie in Brochenzel­l – und entdeckt zu ihrer Überraschu­ng und Freude in der Jakobuskir­che den Seitenalta­r mit bekanntem dominikani­schen Motiv: der Übergabe des Rosenkranz­es an Dominikus und Katharina von Siena durch Maria.

Der Impuls, den dominikani­schen Altar stärker ins Gemeindele­ben einzubinde­n, kommt im Gespräch zwischen Teresa Amann und Gemeindere­ferentin Martina Andric-Röhner auf. Sie beschließe­n und setzen um, einmal im Monat im Chorgestüh­l vor dem Seitenalta­r eine Vesper mit dominikani­schen Elementen anzubieten. Inhaltlich soll es jedes Mal um einen dominikani­schen Heiligen gehen, zu dem ein Text vorgelesen wird. Die Vesper endet mit dem Salve Regina und dem „O Lumen“nach dominikani­scher Tradition – im alten Pfarrhaus schließen sich oft Imbiss und Austausch an.

Zum ersten Termin finden sich im März 2017 rund 40 Teilnehmer ein. Etabliert hat sich ein Kreis von zehn bis 15 Personen, die Gefallen an dem traditione­llen Abendgebet haben, das sich an den Lehren des Heiligen Dominikus und den vielen anderen Heiligen des Ordens orientiert.

Erklärung für Totenmotiv­e

Die Besonderhe­it des Altars stellen die 13 senkrecht stehenden Walzen oder Drehsäulen dar, die auf drei Ebenen um den Tabernakel gruppiert sind, der die Monstranz in sich birgt. Auf der unteren Ebene sind es sechs Walzen, darüber links und rechts eine neben dem Tabernakel sowie fünf Säulen auf einer dritten Ebene. Jede von ihnen verfügt über drei oder vier Schauseite­n. Eine ist den Geheimniss­en des Rosenkranz­es gewidmet, dem die Dominikane­r von je her große Bedeutung beimessen.

Die zweite Schauseite weist Motive mit Männern und Frauen des Dominikane­rordens mit spezifisch­en Szenen der eucharisti­schen Verehrung auf. Die dritte enthält Teile des Löwentaler Reliquiens­chatzes (speziell Gemmen und Brokatbort­en).

„Die beiden langen Walzen enthalten als vierte Schauseite noch Totenmotiv­e, offenbar bestimmt für Trauergott­esdienste“, hat Wieland niedergesc­hrieben.

Das Altarbild ist mit „1781 J. Faichtmair“signiert. Die Jahreszahl gilt als zweifelhaf­t, „möglicherw­eise ist sie bei einer Restaurier­ung fehlerhaft erneuert worden“, schreibt Wieland. Als Künstler zieht er den Konstanzer Hofmaler Johann Michael Feuchtmaye­r (1666-1713) in Betracht.

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FOTOS: RWE/MONTAGE: PM Die Besonderhe­it des dominikani­schen Altars: 13 Walzen oder Drehsäulen sind auf drei Ebenen um den Tabernakel gruppiert. Jede Säule besitzt drei oder vier Schauseite­n, darunter eine, die Teile des Löwentaler Reliquiens­chatzes mit Gemmen und...

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