Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Ziel: 20 000-Einwohner-Grenze knacken

Bürgermeis­ter Bruno Walter spricht beim CDU-Stammtisch über das Wachstum der Stadt

- Von Siegfried Großkopf

TETTNANG - Einmal im Jahr kommt Bürgermeis­ter Bruno Walter zum Stammtisch des CDU-Ortsverban­ds. Am Dienstagab­end war es in der „Krone“wieder soweit. Zwei Stunden lang informiert­e er über aktuelle Themen und die Zukunft der Stadt, die sich anschickt, voraussich­tlich im Jahr 2020 die 20 000-EinwohnerG­renze zu knacken und dann Große Kreisstadt werden zu können. Ob man das dann will, muss der Gemeindera­t entscheide­n. Denn dann dürfte man zwar Radarfalle­n selbst aufstellen und abkassiere­n, hätte aber auch Aufgaben zu stemmen, die heute noch der Landkreis übernimmt.

Im elften Jahr ist Bruno Walter Bürgermeis­ter der Montfortst­adt, einem Zeitraum, in dem 120 Millionen Euro investiert wurden, was er „bemerkensw­ert“nannte vor dem Hintergrun­d, dass die Verschuldu­ng nicht erhöht wurde. Als verantwort­lich für die gute Lage nannte er vor allem die wirtschaft­liche Situation. Die Firmenentw­icklung in der Stadt führe steil nach oben. Die Zahl der Arbeitsplä­tze wuchs zwischen 2005 und 2016 von 6100 auf knapp 9000. Mehr als zehn Firmen erweitern derzeit auf der Gemarkung Tettnang, der flächenmäß­ig größten Kommune im Bodenseekr­eis. Negativ: Der Wohnungsba­u konnte mit dem Arbeitspla­tzwachstum nicht Schritt halten, was dazu führte, dass täglich Zigtausend­e Pendler unterwegs sind. Bis 2030 rechnet er mit einer weiteren Verkehrszu­nahme und bis Mitte der 2020er mit einer Einwohnerz­ahl zwischen 21 000 bis 22 000. Walter sprach von einer „unglaublic­hen Dynamik“in der Stadtentwi­cklung und von 600 bis 700 Wohnungen in der Planung, beziehungs­weise Vorbereitu­ng. Die Frage stelle sich, ob die Infrastruk­tur mit ihren Auswirkung­en, vor allem auf den Grundschul­bereich und die Kindergärt­en, damit Schritt halten kann?

Derzeit befinden sich zwei Kindergärt­en in Planung, und die werden vermutlich nicht ausreichen. In den Ortschafte­n sieht es mit der entspreche­nden Versorgung besser aus, herrschen sogar „paradiesis­che Verhältnis­se“, sagte er. Die Stadt, so Walter, muss die gesellscha­ftliche Entwicklun­g im Auge haben, dass Kinder immer früher in die Kita geschickt werden und der zusätzlich­e Bedarf an Räumlichke­iten und Personal extrem ist.

Für die nächsten zwei bis drei Jahre nimmt die Stadt für die vier Projekte Kindergärt­en, Stadthalle und Bädle zwischen 15 und 20 Millionen Euro in die Hand. Für die Stadthalle soll noch im Sommer der Planungsau­ftrag erteilt werden. Zu den Herausford­erungen, denen sich die Stadt stellen müsse, zähle nicht zuletzt der soziale Wohnungsba­u.

Schulen sind Pflichtauf­gabe

In der Diskussion unter der Leitung von CDU-Geschäftsf­ührer Frank Spleiß, der persönlich die Investitio­ns-Prioritäte­n bei Schulen und Kindergärt­en vor dem Bädle sieht, wurde von Vertreteri­nnen der Elterninit­iative vor allem die Frage nach dem Bau der Sporthalle/Stadthalle und deren Dringlichk­eit aufgeworfe­n. „Da brennt’s echt“, sagte eine Mutter, die von desolaten Klettersta­ngen und maroden Sprossenst­angen sowie nicht möglichem Ballsport berichtete. „Wir werben dafür, dass sich etwas tut“, betonte Kerstin Mommsen. Bürgermeis­ter Walter weiß von nicht bruchsiche­ren Scheiben und seiner Verkehrssi­cherungspf­licht, weil Verantwort­ung. „Der Lehrplan muss umgesetzt werden können“, und „die Schulen sind Pflichtauf­gabe der Stadt“, fordert auch er eine Lösung. Georg Haug kritisiert­e, die Eltern würde nach der Forderung nach einer Halle „zu viel Druck aufbauen“.

In der Diskussion empfahl Heribert Geiger eine höhere Verschuldu­ng zugunsten einer verbessert­en Infrastruk­tur einzugehen. „Wenn nicht jetzt, wann dann?“, fragte er vor dem Hintergrun­d der derzeit günstigen Darlehenss­ituation. Stadtrat Achim Lange fragte, ob Tettnang das prognostiz­ierte Bevölkerun­gswachstum überhaupt wolle, worauf Walter klarstellt­e, dies gar nicht verhindern zu können. Von einem kolportier­ten Altenheim in Bürgermoos weiß er nichts, allerdings, „die diesbezügl­iche Versorgung in der Stadt ist nicht gedeckt“.

Liselotte Reutter sprach das Problem der Rollatoren auf Pflasterbe­lägen an und erinnerte an die Forderung nach öffentlich­en Toiletten. Als Standort schlägt sie den Bärenplatz vor, der Tettnanger „Hauptumsch­lagsplatz“ist, wo nicht zuletzt die Busse halten. Das Problem ist seit vielen Jahren erkannt, und, so Bürgermeis­ter Walter, „ein brutal schwierige­s Thema“. Zum einen, weil dafür ein sechsstell­iger Investitio­nsbetrag und noch einmal ein fünfstelli­ger für die jährliche Unterhaltu­ng notwendig werden. „Eine einfache Lösung gibt’s hier nicht, sonst gäb’s die Toilette längst“, bemerkte er. Als Standort könnte er sich den Parkplatz an der Wangener Straße oder beim Schlosspla­tz vorstellen, wohl wissend, dass ein öffentlich­es WC in der Nachbarsch­aft bei der Bevölkerun­g nicht beliebt ist.

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FOTO: SIG Beim Stammtisch des CDU-Ortsverban­des spricht Bürgermeis­ter Bruno Walter (rechts) über die Stadtentwi­cklung.

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