Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Telekom bekommt Breitseite von Bürgermeistern
Rathauschefs aus dem Landkreis Ravensburg berichten von Problemen mit dem schnellen Internet
KREIS RAVENSBURG - Die Bürgermeister der Kommunen im Landkreis Ravensburg haben beim ersten Breitbandgipfel ihrem Ärger Luft gemacht. Adressat war die Deutsche Telekom, die ebenfalls bei diesem Gipfel anwesend war. Veranstalter war der CDU-Bundestagsabgeordnete Axel Müller. Bei seinen Antrittsbesuchen im Wahlkreis habe er mitbekommen, welche Schwierigkeiten es beim Breitbandausbau im ländlichen Raum gebe. Zu der Veranstaltung in Ravensburg waren neben den Bürgermeistern unter anderem auch Experten aus den Innenministerien von Bund und Land sowie Regierungspräsident Klaus Tappeser gekommen.
Müller schilderte ganz plastisch die Probleme im Landkreis, der so dringend schnelles Internet braucht: „In Ebenweiler haben wir Leerrohre, aber keinen Betreiber. In Vogt wird ein Teil angeschlossen, der andere nicht, weil es sich nicht lohnt. Grünkraut hat ein gutes Netz, das aber ständig überlastet ist, und in Bergatreute kriegt Bürgermeister Schäfer alles zweimal – ob er es will oder nicht.“
Eigentlich sollte es bei der Konferenz vor allem um Austausch und Informationen gehen, doch dann kam es am Ende ganz anders, als plötzlich die Bürgermeister nach recht theoretischen Vorträgen über Digitalisierung das Wort ergriffen und ihre Situation schilderten, die sie und ihre Bürger tagtäglich erleben. „Unterm Strich durchkreuzt die Telekom all unsere Pläne“, sagte der aufgebrachte Amtzeller Bürgermeister Clemens Moll. „Mir fehlt der Glaube, dass Sie sich als kommunaler Partner verstehen“, sagte er in Richtung von Frank Schmidt, dem „Leiter Politische Interessenvertretung Kommunen“der Deutschen Telekom. Er berichtete von unfertigen Baustellen und dem Hauptproblem, das Clemens Molls Kollegen im Raum bestätigten: Die Telekom war zuerst nicht interessiert Breitband auf dem ländlichen Gebiet auszubauen. Dann wurde die Kommune aktiv, steckte Geld hinein, und plötzlich trat die Telekom auf den Plan. (Die SZ berichtete: „Der Ärger mit dem Internet auf dem Land“.) Manche vermuteten sogar eine Taktik.
Die Straßen zweimal aufgerissen
Kritik an der Telekom kam auch von Klaus Tappeser in seinen Einführungen: „Ich habe aus unserem Regierungspräsidium mitbekommen, dass die Telekom dann aktiv geworden ist, wenn wir selbst aktiv geworden sind. Das ist ganz schlecht.“Das ging so weit, dass in einigen Kommunen Straßen gar zweimal aufgerissen werden mussten, was Bergatreutes Bürgermeister Helmfried Schäfer bei der Konferenz erklärte. Er berichtete, dass die Telekom oft aktiv werde, ohne überhaupt bei den Rathäusern anzufragen. Schäfer berichtete auch, dass man nicht wisse, an wen man sich bei der Telekom wenden solle. Fronreutes Bürgermeister und Vorsitzender des Zweckverbandes Breitbandversorgung, Oliver Spieß, stieß ins gleiche Horn. Zum Breitbandausbau sagte er bereits zu Beginn seiner Ausführungen: „Es würde schon was gehen, wenn man uns nur lassen würde.“Kaum liefen Förderprojekte für den Netzausbau in den Kommunen, kämen andere Betreiber um die Ecke. Er wünsche sich, dass man miteinander redet. Es gehe hier nicht darum, Felder abzustecken. Aber der Bürger verstehe diese Politik nicht.
Telekom-Vertreter Frank Schmidt wehrte sich gegen die Vorwürfe. Erst mal wünschte er sich einen zentralen Ansprechpartner auf Landkreisebene, was Internet-Fragen anbelangt. Und sagte: „Manchmal ist die Telekom auch zu Unrecht an den Pranger gestellt worden. Da ist auch viel Unmut aus der Vergangenheit dabei.“In seinen Anfangsausführungen versprach er, dass in Zukunft „das Koordinationsmaß ein größeres sein wird“. Außerdem bot er an, über die dezidierten „Einzelfälle“zu sprechen. Was allerdings Jens Schilling erneut zu Kritik aufbrachte. Er ist Geschäftsführer der „Komm Pakt Net“, einem Zusammenschluss von acht Landkreisen in Baden-Württemberg, die sich für den Netzausbau einsetzen. „Wir betreiben unsere Glasfasernetze im Open Access, und dann baut die Telekom trotzdem aus. Das ist kein kooperativer Ausbau“, so Schilling. Open Access bedeutet, dass eine Infrastruktur mehrere Anbieter nutzen können.
Der Vertreter der Netcom BW (eine EnBW-Tochter), dem Internetanbieter, mit dem der Zweckverband Breitbandausbau im Landkreis Ravensburg zusammenarbeitet, unterstützte das: „Bis heute haben wir noch keine Anfrage bekommen. Und wir würden auch gerne auf Ihre Infrastruktur zugreifen.“