Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Unruhe bei Erwin Hymer
Verkaufspläne belasten Mitarbeiter des Wohnmobilbauers
BAD WALDSEE - Unruhe beim oberschwäbischen Wohnmobil- und Wohnwagenbauer Erwin Hymer in Bad Waldsee: Die Pläne der Eigentümerfamilie, einen Teil des Unternehmens an einen strategischen Investor zu verkaufen oder an die Börse zu bringen, verunsichern die Belegschaft. „Die Stimmung bei den Mitarbeitern ist nicht gut“, sagte Gesamtbetriebsratschef Janusz Eichendorff. „Im Moment haben wir viele Gerüchte im Unternehmen, die Kollegen wollen jetzt endlich wissen, was läuft.“Auch bei der Betriebsversammlung bei der Konzerntocher Hymer am Mittwoch seien aus der Belegschaft viele Fragen zu einem möglichen Verkauf gekommen, die Hymer-Geschäftsführung habe aber keine Stellungnahme zu dem Thema abgegeben. „Wir sind ein Unternehmen, das seine Wurzeln in Oberschwaben hat. Was soll man denn denken, wenn nun Interessenten aus aller Welt bei uns auftauchen?“, erklärte Eichendorff. „Wir hoffen, dass die Verantwortlichen der Familien eine Entscheidung treffen, wie Erwin Hymer sie getroffen hätte.“
Die Verkaufspläne hatte der Vorstandschef der Erwin-Hymer-Gruppe (EHG), Martin Brandt, im Frühjahr im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“offenbart. Die Eigentümerfamilie, die Witwe von Gründer Erwin Hymer, Gerda Hymer, und ihre beiden Kinder Carolin und Christian, wollen nach Angaben Brandts einen „bedeutenden Minderheitsanteil“verkaufen, um damit Investitionen in China und in Amerika zu finanzieren. Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“aus Finanzkreisen will die Familie mindestens 50 Prozent plus eine Aktie halten, zudem sei ein Verkauf von weniger als 25 Prozent nicht sinnvoll. Möglich sei ein Börsengang oder die Hereinnahme eines strategischen Investors. Für welche der beiden Optionen sich die Familie entscheide, ist offen, wie EHG-Sprecher Stefan von Terzi auf Anfrage bestätigte. „Die Entscheidung ist noch nicht gefallen, das wird erst in den nächsten Wochen oder Monaten sein“, sagte von Terzi. „Die Familie überlegt sorgfältig, welcher Weg der richtige für das Unternehmen ist.“Anfang Juni hat das „Handelsblatt“berichtet, dass die Familie Hymer bereit sei, die Mehrheit an der EHG abzugeben, was Brandt als „Mutmaßung“bezeichnete.
Joint Venture in China
Die EHG, zu der neben der Marke Hymer noch 20 weitere Hersteller von Wohnmobilen und Wohnwagen sowie Vermietern gehören, kam im vergangenen Geschäftsjahr mit weltweit rund 6000 Mitarbeitern auf einen Umsatz von insgesamt 2,12 Milliarden Euro. Den Gewinn nennt die EHG nicht. Das Unternehmen ist Europas größter Wohnmobil- und Wohnwagen-Hersteller. 2016 hatte das Unternehmen die kanadische Marke Roadtrek übernommen, 2017 die britische The Explorer Group. Im Moment bereitet die EHG die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens in China vor, wie von Terzi der „Schwäbischen Zeitung“bestätigte.