Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Ein Ravensburger mit Humor
Kunstmuseum Hohenkarpfen rückt die Landschaftsmalerei von Julius Herburger in den Mittelpunkt seiner Sommerausstellung
HAUSEN OB VERENA - In Oberschwaben ist Julius Herburger ein geschätzter Maler und Zeichner – zusammen mit Jakob Bräckle zählt er in der Region zu den bedeutendsten Künstlern des 20. Jahrhunderts. Weniger bekannt ist sein Name jedoch außerhalb seiner Heimat. Eine Ausstellung im Kunstmuseum Hohenkarpfen in Hausen ob Verena (Landkreis Tuttlingen) soll dies nun ändern.
Bald 20 Jahre sind Herburgers Werke laut Mark R. Hesslinger, Kustos der Kunststiftung, nicht mehr in größerem Rahmen zu sehen gewesen: Die letzte Einzelausstellung zu seinen frühen Jahren fand im Jahr 2000 in der Städtischen Galerie Ravensburg statt. Den 1900 in Ravensburg geborenen und dort 1973 auch verstorbenen Künstler über Oberschwaben hinaus wiederzuentdecken, sei ein wichtiges Ziel der Ausstellung mit dem Titel „Julius Herburger – Natur zum Bild umformen“.
Die Schau bildet alle Schaffensperioden des Künstlers ab: von frühen, an der seinerzeit dominierenden Neuen Sachlichkeit orientierten Porträts wie dem „Mädchen mit rosa Hut“(1925), das Herburger bereits in jungen Jahren als Meister seines Fachs ausweist, bis zu den Landschaftsbildern der mittleren und späten Jahre, auf denen der Akzent der Ausstellung liegt. Laut Hesslinger steht damit erstmals seit 1980 die Entwicklung seiner Landschaftsmalerei im Mittelpunkt einer Schau. Sie zeigt Bilder wie das „Gartencafé am Bodensee“(1958), eines seiner bekanntesten Werke, in dem Herburger die Motive zwar leicht abstrahierend darstellt, jedoch weit entfernt ist vom damals vorherrschenden abstrakten Expressionismus.
Nackte Tatsachen übermalt
Dass Julius Herburger einen feinen Humor hatte, zeigt sich an einem dutzend Karikaturen, in denen der, so Hesslinger, „eher unpolitische Künstler“in den 1950er- bis 1970er- Jahren etwa den Status des Künstlers in der Gesellschaft kommentierte. Auch bei Gemälden wie „Bin im Strand-Café“(1939), einer Mischform aus Stillleben im Vordergrund und Landschaft mit Badeszenerie im Hintergrund, blitzt Witz auf. Denn auf der auf einer Staffelei stehenden weißen Leinwand in der Bildmitte ist zu lesen: „Bin im Strand-Café. J.“„Ursprünglich waren auf dieser Leinwand zwei weibliche Akte dargestellt“, sagt Hesslinger. Das Bild habe im Wohnzimmer der Familie Herburger gehangen – und seine Ehefrau, die Pianistin Maria „Maja“Weinhardt, habe Bedenken gehabt, ob dies schicklich sei, wenn Geistliche zu Besuch wären. Also übermalte Herburger kurzerhand die nackten Tatsachen.
Ein Jahr hat die Vorbereitung der Ausstellung laut Hesslinger in Anspruch genommen. Insgesamt 74 Werke von Herburger hat die Kunststiftung zusammengetragen, rund 60 werden gezeigt. Je zur Hälfte stammen sie von Institutionen wie Kreisverwaltungen und aus privater Hand. Arbeiten des Ravensburger Künstlers besäßen zwar auch zum Beispiel die Stuttgarter Staatsgalerie und das Kunstmuseum der Landeshauptstadt, jedoch seien auf dem Hohenkarpfen keine Gemälde oder Zeichnungen aus Museen zu sehen.
Noch nie präsentiert worden sei ein Bild aus dem Jahr 1948, eine private Leihgabe, das ein Picknick zeigt und Assoziationen an die Malerei des Franzosen Édouard Manet weckt. Einflüsse hat Herburger in vielen Gemälden verarbeitet: So lernte er bei Studienreisen nach Paris in den 1920er-Jahren etwa die „Pittura Metafisica“kennen. Deutlich erkennbar ist die Inspiration durch Giorgio de Chirico in einem der schönsten, dezent surrealen Landschaftsbilder der Schau von 1928: Zu sehen sind kubische Häuser zwischen toten Bäumen. Und ein zentral gehängtes Triptychon von 1957 erinnert vehement an die Arbeiten Max Beckmanns.
Dauer: bis 11. November, Öffnungszeiten: Mi.-So. und Fei. 13.30-18.30 Uhr.