Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Ein Gartenjahr der Extreme
Hitze und Trockenheit, Obstschwemme und erste Bodenfröste – Ein persönlicher Rückblick
LEUTKIRCH - Die Dahlien sind dahin: Zuerst der Sturm und dann die kalten Nächte um null Grad setzten der üppig blühenden gebürtigen Südamerikanerin gehörig zu. Vor allem in den etwas unwirtlicheren Winkeln unseres Gartens ist von der stolzen Pracht nur noch ein Häufchen Elend übrig geblieben. Da hilft nur eines: abschneiden, die Knollen in eine Schachtel packen und frostfrei bis zum nächsten Frühjahr verwahren. Nicht vergessen: das Etikett mit der Beschreibung der Blüte! Denn schließlich sollen ja im neuen Jahr beim Einpflanzen die Farben zum Gesamtkonzept des Gartens passen. Klingt etwas hochtrabend. Aber eigentlich sollte doch jeder zu Beginn der Saison überlegen, welche Pflanzen zusammen harmonieren. So machen es auch die professionellen Gärtner, die das Spiel mit Farben und Wuchshöhen bei den Rabatten in Parks und Anlagen perfekt beherrschen.
Obst ohne Ende und dazwischen ein Rausch an Blüten
Abgesehen von diesem frühen Abschied blüht es aber noch in allen Ecken. Herbstastern, Herbstanemonen, Rosen, sogar der Lavendel und bald auch Chrysanthemen und bunte Blätter drängen die Gedanken an die bevorstehende dunkle Jahreszeit noch zurück. Auch gibt es noch einiges zu ernten. So hängen weiterhin massenhaft Zwetschgen in unserem Baum. Letztes Jahr gab es dagegen keine einzige Frucht, weil der Frost im späten Frühjahr alles zunichte gemacht hatte.
2018 das krasse Gegenteil: Obst ohne Ende. Bei der Verarbeitung war bald Fantasie gefragt, denn mit dem Einfrieren kam man schnell an Grenzen. Im randvollen Gefrierschrank stapeln sich schon Himbeeren, rote und schwarze Johannisbeeren, Blumenkohl und vieles mehr. Also heißt es Verschenken oder Einkochen, Entsaften, Dörren … Gläser mit Marmelade und Kompott sowie Saftflaschen füllen die Kellerregale, und auch das Trockenobst ist schon gut in Dosen verwahrt.
Genauso habe ich es mit den getrockneten Blättern für Kräutertees gemacht. Zitronenmelisse, Pfefferminze, Lindenblüten, Zitronenverbene, Rosenblätter, Holunderblüten, Salbei, Johanniskraut – im Garten finden sich feine Zutaten zuhauf für gesunde Tees, und mischen kann man sie nach Lust und Laune. Nach einigen Pleiten gelingt es mir inzwischen auch, die empfindliche Zitronenverbene zu überwintern.
Wenn es richtig kalt wird, werden die Pflanzen ausgegraben und in Töpfe gesetzt. Ich schneide sie zurück, entferne alle Blätter, dann kommen sie in einen dunklen, frostfreien Kellerraum – zusammen übrigens mit den Fuchsien, mit denen ich genauso verfahre. Hin und wieder werden die Pflanzen etwas gegossen. Wenn sich im zeitigen Frühjahr die ersten Triebe bemerkbar machen, hole ich sie an die Helligkeit. Allerdings sollte der Raum nicht zu warm sein. Wenn dann die Sonne immer höher steigt, dürfen sie auch in die Wärme und wieder voll durchtreiben.
Heimgesucht wurde ich in diesem Jahr auch von einer regelrechten Himbeerschwemme. Bereits die frühen Sorten waren brechend voll. In einem Winkel des Gemüsegartens standen mannshohe Ruten. Da ich im Herbst zuvor nicht ganz sicher war, ob es nun Himbeeren oder Brombeeren waren, ließ ich sie einfach wachsen. Es waren Himbeeren, und von Juni an lieferten sie große, gesunde Früchte fast ohne Ende. Sehr schön, aber auch dieser Segen musste irgendwie verarbeitet werden. Da nicht jeder die Kerne in der Himbeermarmelade mag oder verträgt, habe ich nach dem Kochen die Masse noch durch ein Haarsieb gestrichen. Die Familie zeigte sich sehr angetan.
Die Ausbeute fiel natürlich geringer aus, aber angesichts der großen Obstmenge war das kein Problem. Die abgeernteten Ruten habe ich längst zurückgeschnitten, die neuen stehen schon kräftig nachgewachsen in Reih und Glied. Die Herbsthimbeeren sind – zeitiger als in anderen Jahren – ebenfalls abgeerntet. Jetzt heißt es auch hier, die Ruten abzuschneiden. Die neuen Triebe wachsen im Frühjahr nach.
Mit der Ernte ist auch die Wasserrechnung gewachsen
Dass Johannisbeeren und Stachelbeeren im Überfluss fruchteten, ist schon fast wieder vergessen. Vergessen werden wir aber nicht die Wasserrechnung, die uns nach diesem heißen Sommer droht. Denn wer ernten wollte, musste mit Leitungswasser gießen – die Vorräte in Brunnen und Zisterne waren bei der anhaltenden Trockenheit sehr schnell zur Neige gegangen. Glücklicherweise hatten wir auch gute Geister, die während unseres Urlaubs dafür sorgten, dass kein Pflänzchen verdursten musste.
So kamen auch die Roten Rüben gut durch den Sommer, genauso wie Zuckerhut und Brokkoli, der noch einmal kräftig nachgetrieben hat. Im Gegensatz zum allgemeinen Erntesegen hielten sich Bohnen eher zurück. Sie mögen Hitze und Trockenheit nicht so sehr. Aber nach den ersten kräftigen Regenschauern haben sie noch einmal angesetzt und unverhofft wieder Schoten gebildet. Sie sind bereits mit Vergnügen verputzt.
Die größte Überraschung aber lieferte in diesem Ausnahmejahr unsere Stechpalme: Lange haben wir auf ihre typischen roten Beeren gewartet. In diesem Jahr trägt sie davon massenhaft. Und so sind attraktive Gestecke für die Weihnachtszeit schon gesichert. Ohnehin freut man sich nun auf ruhigere Tage. Bis es nächstes Frühjahr wieder los geht im Garten. Man will es ja so.