Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Gemeinde pocht aufs Vorkaufsrecht
„Am Gunterbach“soll breitere Straße möglich bleiben
MECKENBEUREN - Selten kommt es vor, dass Grundstückskäufe in öffentlicher Sitzung aufscheinen. Jüngst war dies im Gemeinderat so: Dabei ging es darum, ob die Gemeinde ein Vorkaufsrecht ausüben soll, das die Teilfläche eines Grundstücks in der Andreas-Hofer-Straße in Brochenzell betrifft. Die Räte bejahten dies bei einer Enthaltung und einer Gegenstimme.
Die Vorgeschichte: Ende Juli hatte der beurkundende Notar der Gemeinde den notariellen Kaufvertrag für das Grundstück übermittelt. Zudem wurde ein Zeugnis über eine Nichtausübung oder ein Nichtbestehen eines Vorkaufsrechts beantragt, das die Gemeinde betraf.
Was sich aus deren Sicht nach Prüfung des Antrags so nicht bestätigen ließ. Vielmehr sei dem Bebauungsplan Gunterbach (genehmigt im Jahr 1970) zu entnehmen gewesen, dass hier im südlichen Bereich des verkauften Grundstücks, der an die Straße „Am Gunterbach“grenzt, eine Straßenverkehrsfläche festgesetzt sei. Da die Straße (noch) nicht gebaut ist, will die Gemeinde an dem Vorkaufsrecht festhalten.
Erläuterungen zu der speziellen Straßensituation (ortsauswärts Richtung Appenweiler) gingen damit einher. Biegt doch von der Andreas-Hofer-Straße nach links eine einspurige Straße („Am Gunterbach“) ab, die aufgrund ihrer geringen Breite im vorderen Bereich als Einbahnstraße in das Wohngebiet hinein konzipiert ist. Die Ausfahrt aus dem Quartier erfolgt hingegen über die jeweilige Wohnstraße zur Felchenstraße und weiter auf die Andreas-Hofer-Straße.
Ziel: Ausfahrt aus Wohnviertel
Eine wichtige Frage bei all dem: Was muss die Gemeinde als Entschädigung für die Fläche bezahlen? Die Essenz aus einer detaillierten rechtlichen Erörterung, aufgeführt in der Verwaltungsvorlage: „Der Verkehrswert liegt in diesem Bereich bei 290 Euro je Quadratmeter. Die für den Ausbau der öffentlichen Straße benötigte Fläche beläuft sich auf 109 Quadratmeter. Somit ergibt sich ein von der Gemeinde zu zahlender Betrag in Höhe von 31 610 Euro.“
Verlesen wurde in der Sitzung ein Schreiben der anwaltlichen Vertretung der Gegenseite, die konkret anregte, „vom Vorkaufsrecht seitens der Gemeinde keinen Gebrauch zu machen“. Der Grund: Es sei nicht nachzuvollziehen, „was mit Ausübung des Vorkaufsrechts hier konkret in Bezug auf die lapidar mitgeteilte Tatsache, dass hier eine öffentliche Straße ausgebaut werden soll, konkret erreicht werden soll“.
Als Begründung für ihre Gegenstimme führte Ursula HeroldSchmidt ins Feld, dass das damalige Ziel hinter dem Vorkaufsrecht „aus der Zeit gefallen“sei. Die BUS-Rätin bezog sich dabei auf eine einst angedachte Zweispurigkeit der Straße. Heute sei die Siedlung „ausreichend erschlossen“und sollte verkehrsberuhigt gehalten werden.
Seitens der Verwaltung argumentierten Bernadette Pahn wie Elisabeth Kugel anders. Die Bürgermeisterin bezog sich auf eine mögliche Verbreiterung und Gestaltung der Straße, was dank des Vorkaufsrechts als Chance intakt bleibe. Auch die Ordnungsamtsleiterin nahm den Gedanken auf, dass an dieser Stelle eine Ausfahrt aus dem Wohnviertel möglich sein könnte – was einen Gutteil an Wegen innerhalb des Quartiers hinfällig werden lasse.
Allerdings ist dies keineswegs unmittelbar umsetzbar. Was zum einen daran liegt, dass sich nicht alle erforderlichen Grundstücke in der Hand der Gemeinde befinden. Zum anderen ist der reguläre Ablauf rund ums Vorkaufsrecht in der Andreas-HoferStraße zu beachten. Dazu gehört, wie Bauamtsleiter Elmar Skurka auf SZAnfrage erläutert, dass im nächsten Schritt der Vorkaufsbescheid an der Verkäufer gesandt wird. Wenn er Widerspruch einlegt, gehe das Verfahren direkt vor Gericht.