Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Marie Curie hat eine Nachfolgerin
Seit Jahrzehnten wurde ertsmals wieder eine Frau mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet – Nobelpreis für Chemie geht an Proteinforscher
STOCKHOLM (dpa) - Mit der Evolution als Vorbild haben drei Proteinforscher Möglichkeiten für eine umweltfreundlichere Herstellung von Arznei- und Biokraftstoffen geschaffen – und bekommen dafür nun den Nobelpreis für Chemie. Bereits am Dienstag hatten drei Laser-Experten für die Entwicklung hochpräziser Werkzeuge aus Licht den Nobelpreis für Physik zuerkannt bekommen. In beiden Fällen wurden neben zwei Männern auch eine Frau ausgezeichnet. Die Kanadierin Donna Strickland ist erst die dritte Physik-Nobelpreisträgerin, ganze 55 Jahre nach Maria Goeppert Mayer (1963) und Marie Curie (1903).
Der mit 870 000 Euro dotierte Nobelpreis für Chemie geht zur Hälfte an die US-Amerikanerin Frances Arnold (62) und zur anderen Hälfte an ihren Landsmann George Smith (77) sowie den Briten Gregory Winter (67). Den drei Forschern ist es gelungen, die Evolution zu kontrollieren und für Zwecke einzusetzen, die der Menschheit größten Nutzen gebracht haben. Als „Star des EnzymEngineerings“bezeichnet das Nobelkomitee die US-Amerikanerin Frances Arnold, die heute am California Institute of Technology in Pasadena arbeitet. Mit ihrem Verfahren können Moleküle wie Proteine oder DNA optimiert werden. Maßgeschneiderte Enzyme werden etwa zur Produktion von Arznei- oder Biokraftstoffen genutzt, die damit häufig umweltfreundlicher hergestellt werden können, wie das Nobelkomitee betont.
George Smith entwickelte eine Methode, bei der sogenannte Bakteriophagen (Viren, die Bakterien infizieren) genutzt werden, um neue Proteine entstehen zu lassen. Dieses Phagen-Display genannte Verfahren nutzte Gregory Winter in Cambridge, um gezielt Antikörper für bestimmte Zwecke zu entwickeln. Aus den Arbeiten ging etwa der humane Antikörper Adalimumab hervor, der unter anderem gegen rheumatoide Arthritis eingesetzt wird.
Am Dienstag hatten drei LaserExperten für die Entwicklung hochpräziser Werkzeuge aus Licht den Nobelpreis für Physik zuerkannt bekommen. Eine Hälfte des Preises geht an den US-Amerikaner Arthur Ashkin (96). Der Franzose Gérard Mourou (74) und die Kanadierin Donna Strickland (59) teilen sich die zweite Hälfte.
Von der Erfindung, die Mourou und Strickland gemeinsam erarbeiteten, profitieren Millionen Patienten weltweit. Am bekanntesten dürfte die Abtragung von Hornhaut durch Laser sein, die weltweit millionenfach vorgenommen wird. Mit den von Ashkin entwickelten optischen Pinzetten lassen sich einzelne Bakterien, Viren und lebende Zellen mit Laserstrahlen festhalten und bewegen. Solche Laserpinzetten werden inzwischen in etlichen Laboren eingesetzt.
Ashkin, mit 96 Jahren bisher älteste Nobelpreisträger überhaupt, reagierte gelassen auf die Würdigung. Er sei mit aktuellen Veröffentlichungen beschäftigt und könne keine Interviews geben, teilte er dem Nobelkomitee mit. Ausgelassener reagierte Strickland auf den Anruf aus Stockholm: „Wir müssen Physikerinnen feiern, denn es gibt sie da draußen“, sagte Strickland. „Ich fühle mich geehrt, eine dieser Frauen zu sein.“