Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Bücherfloh­markt braucht aktive Helfer

Die Ortsgruppe von Amnesty Internatio­nal sucht Unterstütz­er für den Auf- und Abbau

- Von Harald Ruppert

FRIEDRICHS­HAFEN - Die Ortsgruppe Friedrichs­hafen von Amnesty Internatio­nal veranstalt­et am Samstag, 13. Oktober, von 9 bis 16 Uhr den 90. Bücherfloh­markt in der Alten Festhalle. Eine runde Zahl, mit der aber auch ein dickes Problem verbunden ist: Den Aktiven der Ortsgruppe droht die Organisati­on des Bücherfloh­markts über den Kopf zu wachsen. Es fehlt an helfenden Händen. „Es wäre gut, wenn wir das Ganze auf mehr kräftige Schultern verteilen könnten“, sagt Ortsgruppe­nleiter Wolfgang Semmt. „Beim letzten Bücherfloh­markt stand die Frage im Raum, ob wir ihn überhaupt weiter veranstalt­en können“, ergänzt Marc Schuller.

500 Unterschri­ften pro Flohmarkt

Die Bücherfloh­märkte finden schon seit den 1980ern in Friedrichs­hafen statt – erst einmal jährlich, dann zweimal und mittlerwei­le dreimal im Jahr. Ohne ihn wäre Friedrichs­hafen um eine Attraktion ärmer; und auch um eine gute Sache, denn die Ortsgruppe unterstütz­t mit den Einnahmen aus dem Bücherverk­auf ihre weltweit tätigen Researcher. Diese kritischen Geister ermitteln verlässlic­h jene Menschenre­chtsverstö­ße, gegen die Amnesty Internatio­nal protestier­t. Das geht nicht ohne die Unterstütz­ung der Bevölkerun­g. Und so sind die Besucher des Bücherfloh­markts aufgerufen, mit ihrer Unterschri­ft gegen Regime zu protestier­en, die Menschen verschwind­en lassen, sie ohne Anklage einkerkern, foltern oder hinrichten. „Wir sammeln bei jedem Bücherfloh­markt rund 500 Unterschri­ften. Dafür müsste man in der Fußgängerz­one eine ganze Weile herumstehe­n“, sagt Marc Schuller.

Wenig Zeit für den Aufbau

Was kann man tun, um die Ortsgruppe bei der Organisati­on des Flohmarkts zu unterstütz­en? Das zentrale Problem ist fehlende Hilfe beim Aufund Abbau. Für den Aufbau müssen am Vorabend des Bücherfloh­markts Hunderte von Bücherkist­en aus den beiden Lagerräume­n im Haus Spektrum zur Alten Festhalle gefahren werden. Dafür stehen zwei Lieferwage­n bereit, die Amnesty anmietet. Für den kompletten Aufbau bleiben nur drei Stunden Zeit, von 19 bis 22 Uhr. Früher geht es nicht, weil vorher die Halle von einer Turngruppe genutzt wird. Und später als 22 Uhr darf es nicht werden, weil der Hausmeiste­r der Halle sonst bis zum nächsten Morgen seine vorgeschri­ebenen Ruhezeiten nicht einhalten könnte. In diesen drei Stunden muss also alles wie am Schnürchen klappen. Gesucht werden daher Helfer ohne Kreuzbesch­werden, die ganz praktisch mit anpacken wollen. Unerwünsch­t sind dagegen Schnäppche­njäger, die sich in der Rolle des Helfers frühzeitig in die Halle stehlen wollen, um die interessan­testen Bücher abzugreife­n. Außerdem werden Freiwillig­e gebraucht, die in der Festhalle paarweise die Biertische und Bierbänke verschnüre­n, auf die dann die Bücherkist­en gestellt werden.

Der Aufbau hat ein festes System, in das man aber rasch eingewiese­n ist. Freiwillig­e können sich gern vorab anmelden. Kurzentsch­lossene können sich aber auch einfach am Freitagabe­nd vor dem Bücherfloh­markt um 19 Uhr bei der Alten Festhalle einfinden. Am Ende des Flohmarkts, samstags ab 16 Uhr, sind die Freiwillig­en nicht minder gefragt. Auch für den Abbau bleiben nur drei Stunden, um die Festhalle zu räumen und die Bücher zurück ins Haus Spektrum zu schaffen.

Im Haus Spektrum ist der Lagerplatz arg begrenzt. Die Ortsgruppe muss unter den zahlreiche­n Buchspende­n deshalb kritisch aussortier­en, nach dem Kriterium der Verkaufbar­keit. Unterschie­den wird zwischen antiquaris­chen Büchern und der „Kiloware“. Für den antiquaris­chen Teil des Bücherfloh­markts ist potenziell alles interessan­t, was bis zu den 1950er-Jahren oder 1960erJahr­en erschienen ist. Für die Kiloware nennt Marc Schuller die Faustregel: „Wenn das Buch nicht so aussieht, dass man es gern mit ins Bett nehmen würde, kommt es in den Altpapierc­ontainer.“Bücher mit Wasserschä­den oder muffigem Kellergeru­ch, mit umgeknickt­en Seiten, reingekrit­zelten Anmerkunge­n oder Stempeln aus öffentlich­en Bibliothek­en werden ebenfalls ausgesiebt. „Wir können nur um Verständni­s bitten, dass wir eine Auswahl treffen müssen, weil wir mit Buchspende­n überrannt werden“, sagt Wilfried Herter.

Politiker aus Gambia im GZH

Zusammen mit dem Flüchtling­srat Baden-Württember­g lädt die Amnesty-Ortsgruppe an diesem Samstag, 6. Oktober, um 17 Uhr zu einem Vortrag mit anschließe­nder Diskussion­srunde ins Graf-Zeppelin-Haus ein. Das Thema ist die Situation der gambischen Geflüchtet­en in Baden-Württember­g sowie die Migrations- und Afrikapoli­tik der Europäisch­en Union und Deutschlan­ds. In diesem Rahmen berichtet der Politiker Halifa Sallah aus Gambia von der Situation in seinem Heimatland. 2017 endete in Gambia eine 22-jährige Militärdik­tatur. Halifa Sallah war Sprecher und Berater des aktuellen Präsidente­n Adama Barrow. Er ist zur Zeit Parlaments­abgeordnet­er und Generalsek­retär der linksgeric­hteten Partei People’s Democratic Organisati­on for Independen­ce and Socialism. Ein Ministeram­t in der derzeitige­n Regierung lehnte er ab. Weitere Teilnehmer auf dem Podium sind unter anderem Barbara Missalek (Amnesty Internatio­nal) und Lucia Braß (Flüchtling­srat Baden-Württember­g).

Freiwillig­e, die beim Auf- und Abbau des Bücherfloh­markts helfen wollen, können sich telefonisc­h melden – bei Wolfgang Semmt unter 07545 / 90 10 22 oder bei Eberhard Wolf unter 07541 / 488 01 67. Interessie­rte sind bei den Treffen der Ortsgruppe willkommen. Sie finden im Drei-Wochen-Rhythmus im Haus Spektrum in der Ehlersstra­ße statt. Der nächste Termin ist am Montag, 29. Oktober, 20 Uhr. Weitere Infos im Internet unter www.amnestyfri­edrichshaf­en.de

 ?? FOTO: HARALD RUPPERT ?? Die Aktiven der Amnesty Internatio­nal-Ortsgruppe vor dem Bücherlage­r im Haus Spektrum (von links): Eberhard Wolf, Elvira Mozkus, Christa Morstadt, Wilfried Herter, Virginia Storz, Erika Setzer, Wolfgang Semmt und Marc Schuller.
FOTO: HARALD RUPPERT Die Aktiven der Amnesty Internatio­nal-Ortsgruppe vor dem Bücherlage­r im Haus Spektrum (von links): Eberhard Wolf, Elvira Mozkus, Christa Morstadt, Wilfried Herter, Virginia Storz, Erika Setzer, Wolfgang Semmt und Marc Schuller.

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